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Die Regierung lässt uns im Stich – unsere Antwort heißt Solidarität!

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Das Corona-Virus beherrscht das öffentliche Leben in Deutschland. Innerhalb von zwei Wochen ist die Zahl der bestätigten Infektionen von 150 auf über 7000 angestiegen, darunter sind bisher 17 Todesfälle (Stand 16.03.20). Und es werden nicht die letzten sein. Diese Zahlen sind zwar im Vergleich zu regelmäßigen Grippewellen noch gering, es muss aber mit einem weiteren, massiven Ansteigen der Erkrankungen gerechnet werden. Gleichzeitig ist bekannt, dass das Virus in erster Linie alte und kranke Menschen tötet. Diese ohnehin schon marginalisierten Teile der Bevölkerung müssen sich also in noch stärkere soziale Isolation begeben, als dies oft bereits der Fall ist, um nicht angesteckt zu werden. Es gibt keine Strukturen, die diese Menschen ausreichend in ihrem Alltag versorgen. Diese Aufgabe müssen Freunde oder Angehörige auf eigene Kosten und Gefahr übernehmen.

Die Regierung und die Medien haben in den letzten Wochen bewiesen, dass es ihnen nicht in erster Linie um die Gesundheit der Bevölkerung geht. Lange wurde die Gefahr verharmlost und ignoriert, dass sich das Virus exponentiell verbreitet. Dafür wurde auf das angeblich gut vorbereitete Gesundheitssystem hingewiesen. In Wirklichkeit fehlten bereits vor dem Corona-Virus ca. 80.000 Pflegekräfte in deutschen Krankenhäusern, und die Kapazitäten für Intensivpatienten geraten schon jetzt an ihre Grenzen. Das ist das Ergebnis der Entwicklungen im Gesundheitssystem, das über Jahre zunehmend privatisiert und auf Profitmaximierung ausgerichtet wurde. Krankenhauspersonal wurde massiv abgebaut; Behandlungen werden nach der Vergütung durch die Krankenkassen ausgewählt, statt aufgrund medizinischer Indikation. Leidtragende sind die Kranken, vor allem aus der älteren und armen Bevölkerung und das medizinische Personal. Das fordert konkret Menschenleben: Durch zu späte Behandlungen oder Behandlungsfehler, aber auch durch Ansteckungen mit resistenten Keimen im Krankenhaus. Das Corona-Virus verschlimmert diese bereits katastrophale Situation nur noch. 

In den Wochen nach den ersten bestätigten Infektionen in Deutschland hat die Regierung nur oberflächlich und inkonsequent gehandelt, so z.B. in Bezug auf die Ausstattung der Krankenhäuser, den Umgang mit Großveranstaltungen und der Einreise aus Risikogebieten. Erst durch den steigenden internationalen Druck ist die Bundesregierung jetzt dazu gezwungen zu reagieren und führt weitreichende Maßnahmen durch, wie die Schließung von Schulen, Kindergärten und öffentlichen Einrichtungen. Trotz wochenlanger Vorlaufzeit wirkt ihr Handeln improvisiert. Dieses kopflose Handeln – plötzliche massive Eingriffe ins öffentliche Leben bei gleichzeitiger Beschwichtigung, man habe alles im Griff – haben verständlicherweise zu Panik in Teilen der Bevölkerung geführt.

Die Regierung hat erst so spät gehandelt, weil sie die Wirtschaft, vor allem die Großkonzerne, möglichst wenig beeinträchtigen wollte. Das zeigt sich auch an den nun beschlossenen Milliardenhilfen für Betriebe und Konzerne, weil sie unter der Krise leiden könnten. Diese sind um ein Vielfaches höher, als die zusätzlichen Gelder für Krankenhäuser und Impfstoffentwicklung. Außerdem ist der Zugang zu Kurzarbeit vereinfacht worden. Unternehmen müssen nun nur noch nachweisen, dass 10% der Beschäftigten (normalerweise 33%) von Kurzarbeit betroffen sind und sie haben nur noch eine Ankündigungsfrist von 3 Tagen (normalerweise 14 Tage). Das wird von Unternehmern und Lobbyisten bejubelt, bedeutet aber Lohnkürzungen für Tausende von Beschäftigten, die auch noch durch Steuergelder subventioniert werden. Das Kurzarbeitergeld beträgt gerade einmal 60 bis 67 (mit Kind) Prozent des Nettolohns und wird inklusive der anfallenden Sozialversicherungsbeiträge komplett aus unseren Steuerbeiträgen gezahlt. Während etwa in Italien, Frankreich, Spanien und Griechenland darum gekämpft wird, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise nicht auf die arbeitende Bevölkerung abgewälzt werden, bekennt sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zu seiner »Verantwortung« und stimmt den arbeiterfeindlichen Maßnahmen der Regierung zu. Die aktuelle Situation wird somit auch genutzt, um Veränderungen in der Arbeitswelt durchzusetzen, die seit langem von den Unternehmerverbänden gefordert wurden. Die Belastung des Personals in den Krankenhäusern, und damit auch die gesundheitliche Gefährdung, wird de facto sogar noch erhöht werden, weil sich die Beschäftigten um noch mehr Patienten gleichzeitig kümmern müssen. Unser Dank muss allen Arbeitern im Gesundheits- und Pflegebereich weltweit gelten, die oft unter Einsatz des eigenen Lebens dazu beitragen, die Verbreitung des Virus und seine Folgen einzudämmen. Gleichzeitig müssen wir mehr Stellen, höhere Löhne und bessere Ausstattung im Krankenhaus fordern.

Währenddessen läuft der Arbeitsalltag auch in anderen Branchen im Wesentlichen ungestört weiter, obwohl die Arbeiter am Arbeitsplatz oft automatisch einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Zudem werden viele vor unlösbare Probleme gestellt, wenn es um die Betreuung ihrer Kinder und Angehörigen geht. Die Unternehmen schlagen den Beschäftigten vor, Urlaub zu nehmen oder sich unbezahlt freistellen zu lassen. Der Jahresurlaub ist aber meist schon verbucht und unbezahlte Freistellungen können sich viele nicht leisten. Insgesamt sollen die Kosten so auf die Arbeiter abgewälzt werden. Wir müssen uns mit unseren Kolleginnen und Kollegen zusammentun und uns gegenseitig unterstützen, weil der Staat und die Unternehmen nichts für uns tun. Wir müssen geeignete Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz fordern und verhindern, dass Angehörige der Risikogruppen in Gefahr gebracht werden. Statt zur Arbeit zu müssen, sollten sie bezahlt freigestellt werden. Betriebsräten werden aktuell sogenannte Pandemie-Vereinbarungen vorgelegt, in denen sie aufgefordert werden auf ihre Mitbestimmungsrechte zu verzichten. Das müssen wir klar zurückweisen! Der gemeinsame Kampf gegen die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und den Abbau des Arbeitsrechts muss auch in diesen Zeiten stattfinden. Das heißt auch das wir weiter aufmerksam bleiben müssen, welche Maßnahmen von den Unternehmen und der Regierung noch getroffen werden, und genau hinschauen welche Interessen dahinter stehen, unsere Gesundheit oder ihr Profit.

An vielen Orten in der BRD haben Teile der Bevölkerung bereits begonnen, Solidarität zu organisieren: Über soziale Medien haben sich Kanäle gebildet, in denen sich Menschen in ihrer Nachbarschaft zusammenschließen und gegenseitige Hilfe organisieren. Insbesondere den Älteren und Menschen mit geschwächtem Immunsystem muss geholfen werden. Wer nicht zur Risikogruppe gehört und gesund ist, kann in der Nachbarschaft gemeinsam mit anderen den Einkauf erledigen oder sich um Kinder und Haustiere kümmern. Gleichzeitig muss die Ausbreitung neuer Erreger, wie es sie auch in Zukunft geben wird, unbedingt und konsequent verhindert werden. Dafür ist es in dieser Situation auch notwendig, das öffentliche Leben massiv einzuschränken und bei allen Tätigkeiten auf Hygiene und den eigenen Schutz zu achten. Wir wissen nicht, wie sich die Lage in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten entwickeln wird. Wir müssen aber darauf vorbereitet sein, dass sich die Situation ähnlich wie in Italien weiter verschärft. Wir dürfen dabei aber nicht in Panik geraten, müssen uns selbst über geeignete Hygienemaßnahmen informieren und unsere Mitmenschen so gut wie möglich aufklären. Wir müssen uns organisieren und denjenigen helfen, die Hilfe brauchen. Organisiert Hilfe für eure Nachbarn, besonders die Älteren. Setzt euch in euren Gewerkschaftsgliederungen dafür ein, dass die Hilfe über die Gewerkschaften organisiert wird, damit sie breiter aufgestellt und einheitlich ist. Setzt euch dafür ein, dass die Forderungen der Pflegekräfte massiv verbreitet werden, dass Kollegen über ihre Rechte informiert werden und dass Arbeitsschutz- und Desinfektionsmaßnahmen ergriffen werden.

In den Zeiten der Krise zeigt dieser Staat sein wahres Gesicht. Er dient nur den Konzernen und nicht den Menschen. Unsere Antwort kann nur heißen: Zusammenstehen, gegenseitige Hilfe organisieren und praktische Solidarität üben!

Schulter an Schulter gegen Ungleichheit – Hinaus zum internationalen Frauentag!

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Am 8. März jährt sich der Frauentag zum über hundertsten Mal. Aber brauchen wir heute überhaupt noch einen Frauentag? Heute, wo das Frauenwahlrecht durchgesetzt ist und die Gleichberechtigung im deutschen Grundgesetz steht? Unsere entschiedene Antwort ist: JA! Frauentag heißt für uns jedoch nicht, einfach nur Nelken zu verschenken, sondern auf die schwierige Situation von Frauen aufmerksam zu machen, Forderungen zu stellen und Position zu beziehen. Gegen die Verhältnisse, die Ungleichheit hervorbringen und gegen falsche Vorstellungen davon, wie Gleichberechtigung geschaffen werden kann.

Die Lage von Frauen in Deutschland

Frauen verdienen im Durchschnitt 20% weniger Geld und arbeiten öfter in schlecht bezahlten Jobs, z.B. im Sozial- oder Pflegebereich. Frauen haben mehr Teilzeit- und befristete Stellen und Leiharbeit ist keine Seltenheit. Deshalb ist auch die Altersarmut unter Frauen größer – sie bekommen durchschnittlich 45% weniger Rente als Männer. Aber es sind auch vorrangig Frauen, die sich um Arbeiten* wie Kindererziehung oder Hausarbeit kümmern. Die mangelnde öffentliche Kinderbetreuung macht es vielen Frauen schwer, in Vollzeit zu arbeiten und finanziell unabhängig zu sein. Frauen, die nur mit ihren Ehemännern zusammenbleiben, weil sie sich wirtschaftlich nicht selbst versorgen könnten, sind keine Ausnahme. Ebenso wenig alleinerziehende Mütter, die den alltäglichen Spagat zwischen finanzieller Existenznot und dem Wunsch, nur das Beste für ihre Kinder zu wollen, schaffen müssen. Aber auch Gewalt gegen Frauen ist Alltag: Viele Frauen erleben körperliche, sexuelle oder psychische Gewalt – am Arbeitsplatz, auf der Straße, in der Partnerschaft oder Familie.

Gleichberechtigung durch Frauenquote?

Immer wieder wird die Gleichberechtigung von Frauen in unserer Gesellschaft diskutiert und folgende Slogans sind zu hören: Wir brauchen eine Frauenquote, mehr Frauen in politischen Führungspositionen und mehr Unternehmerinnen. Diese Forderungen kommen aus unterschiedlichen politischen Lagern und sind mittlerweile allgemein verbreitet. Sie nutzen jedoch nicht der Mehrheit, sondern nur den privilegierten Frauen. Es sind Forderungen für die Elite und nicht für die breite Masse! So ist Angela Merkel als erste Bundeskanzlerin sicher kein Erfolg für die Frauenbewegung, weil sie und ihre Partei für den immer größeren Ausbau des Niedriglohnsektors mitverantwortlich sind. Konkret heißt das Befristung, Leiharbeit und Minijobs, worunter heute viele Frauen leiden. Ebenso wenig können sich die meisten Frauen darüber freuen, dass mit Susanne Klatten die drittreichste Person in Deutschland eine Frau und zugleich noch Eigentümerin von BMW ist. Von deren Reichtum kommt schließlich nichts bei ihnen an. An anderer Stelle kann man Parolen hören wie: Nieder mit der Männerherrschaftdenn die Männer sollen die Ursache des Problems sein. Aber auch das hilft den Frauen nicht weiter. Es führt nur dazu, dass Männer und Frauen gegeneinander ausgespielt werden und ihr gemeinsames Interesse aus dem Blick verlieren: Auch Männer leiden darunter, wenn ihre Partnerinnen in schlecht bezahlten Jobs arbeiten oder sie die Alleinverdiener sein müssen. Außerdem führen die Lohnunterschiede von Männern und Frauen dazu, dass die Löhne gedrückt werden und das allgemeine Lohnniveau sinkt. Solche Forderungen richten den Blick nicht auf die politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen, die von der unterdrückten Stellung der Frau profitieren. Männer gegen Frauen“ ist also nur eine Forderung, die den Herrschenden in die Hände spielt! Eine Angestellte bei Amazon hat mit ihrem männlichen Kollegen sicher mehr gemeinsame Interessen als mit der weiblichen Führungskraft im Aufsichtsrat.

Was können wir tun gegen die Ungleichheit?

Aber natürlich gibt es auch Männer, die Frauen ausnutzen, sie beleidigen oder ihnen gewalttätig gegenübertreten. Dagegen müssen wir uns immer stellen! Indem wir aufmerksam dafür sind, was die Situation unserer Kolleginnen, Bekannten oder Nachbarinnen ist. Viele Frauen schämen sich, wenn sie Gewalt erfahren und ziehen sich ins Private zurück. Wir müssen mehr Möglichkeiten im Alltag schaffen, um Frauen zu stärken, ihnen mehr Selbstvertrauen zu verschaffen und sie aus der Isolierung zu holen. Dafür müssen wir aufeinander zugehen, offen über unsere Probleme sprechen und uns gegenseitig unterstützen – am Arbeitsplatz, im Verein oder im Stadtteil. Außerdem müssen wir auf die sozialen Probleme von Frauen aufmerksam machen und Forderungen stellen: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Lohnerhöhung in speziellen Frauenberufen und Abschaffung von Befristung und Leiharbeit! Jede Frau muss die Möglichkeit haben, in Vollzeit arbeiten zu können, um finanziell unabhängig zu sein. Das sollten unsere Kernforderungen in gewerkschaftlichen Kämpfen sein. Auch männliche Kollegen müssen sich den speziellen Problemen der Frauen annehmen und sich mit ihren Kolleginnen solidarisieren. Außerdem brauchen wir ausreichend Kita-Plätze in unseren Stadtteilen und mehr öffentliche Angebote für die Pflege von Angehörigen.

Frauen und Männer Schulter an Schulter!

Die schwierige soziale Situation von Frauen kommt jedoch nicht von ungefähr, sondern ist Ausdruck der allgemeinen Ungleichheit: In unserer kapitalistischen Gesellschaft bereichern sich einige wenige wie Susanne Klatten an der Arbeit vieler Millionen. Es sind Unternehmen und Politik, die über die sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen bestimmen und Frauen sind oft am härtesten davon betroffen. Eine wirkliche Befreiung aus dieser Lage ist also erst mit der Abschaffung dieser Verhältnisse möglich! Wie das gehen kann, hat uns die DDR gezeigt. Auch wenn der Weg der Gleichberechtigung noch nicht an seinem Ende war, waren doch wesentliche Probleme gelöst: Jede Frau hatte das Recht auf einen Arbeitsplatz und ein kostenloser Krippen- oder Kindergartenplatz in der Nähe war Selbstverständlichkeit. Das sicherte Frauen die ökonomische und soziale Unabhängigkeit vom Mann. Das war möglich, weil sich in der DDR nicht eine kleine Elite bereicherte, sondern alle vom gesellschaftlichen Reichtum profitierten. Der Kampf um die Gleichberechtigung ist also auch immer ein Kampf um den Reichtum dieser Gesellschaft. Diesen müssen Frauen und Männer gemeinsam führen – Schulter an Schulter. Gegen die kapitalistischen Verhältnisse, die Ungleichheit hervorbringen und für eine Gesellschaft, von der keine kleine Elite profitiert, sondern wir, die Mehrheit der Menschen!

* an dieser Stelle stand ursprünglich „unbezahlte Arbeiten“. Das war ein Fehler unsererseits: Von der Reproduktionsarbeit als „unbezahlter Arbeit“ zu sprechen impliziert ein falsches Verständnis von Lohnarbeit und Familie im Kapitalismus.

Die Krokodilstränen der Heuchler und Brandstifter

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In der Nacht vom 19. auf den 20. Februar hat der Faschist Tobias Rathjen in zwei Shisha-Bars in Hanau ein Blutbad angerichtet. Zehn Menschen wurden zu seinen Opfern. Die Morde an Gökhan Gültekin, Ferhat Ünvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Hamza Kurtović, Kalojan Welkow, Vili Viorel Păun, Said Nessar El Hashemi, Fatih Saraçoğlu und Gabriele Rathjen sind nach den Anschlägen in Kassel und Halle ein neuer Höhepunkt faschistischen Terrors in Deutschland innerhalb eines Jahres.

Mehrere Videos und ein „Manifest“ auf Rathjens Website belegen seine faschistische Ideologie: Er fordert die Vernichtung ganzer Völker und die Säuberung Deutschlands von seinen nicht-„reinrassigen“ Bevölkerungsteilen. Ungeachtet früher Hinweise auf ein rechtes Motiv des Täters spekulierten die Medien bis in den Morgen über migrantische Bandenkriminalität. Selbst als der Täter schon längst bekannt ist, sprechen die meisten Zeitungen weiterhin von einer „Schießerei“, reden von „Shisha-Morden“. Das erinnert an den Begriff „Dönermorde“, der jahrelang dazu diente, die wahren Täter bei den NSU-Morden zu verdecken. Die Schwierigkeiten der Medien sind klar, wenn man bedenkt, dass sie die letzten Jahre eifrig am Aufbau des Angstszenarios um islamistische Terroranschläge und migrantische Bandenkriminalität gearbeitet haben. Als dann am Donnerstagmorgen unbestreitbar wird, dass es sich bei dem Anschlag um die Tat eines Faschisten handeln muss, spricht man plötzlich von einem Einzeltäter.

Auch der Bundesgeneralanwalt spricht erneut von einem „Einzeltäter“. Viele Fragen sind offen, unter anderem was in dem relativ langen Zeitraum nach dem Verlassen des letzten Tatortes und dem Auffinden der Leiche Rathjens in seinem Haus passiert ist. Wir werden nicht so schnell erfahren, was wirklich passiert ist. Aber wir haben jeden Grund, dem obersten Staatsanwalt und den anderen Behörden nicht zu glauben. Sie haben stets vertuscht, sind Fragen und Hinweisen nicht nachgegangen und haben falsche Fährten gelegt, wie auch im Fall der Ermordung Walter Lübckes.

Während Politiker der AfD den Betroffenen selbst die Schuld in die Schuhe schieben oder bestreiten, dass der Anschlag einen politischen Hintergrund hatte, nutzt der ehemalige Präsident des Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen die „Gunst der Stunde“, um gegen die „Antifa“ zu wettern.

Der Rest der bürgerlichen Parteien nimmt an großen Gedenkkundgebungen in Hanau und anderen Städten teil. Die Fahnen am Bundestag werden auf Halbmast gesetzt. Auf Kundgebungen beteuern nun die Vertreter aller bürgerlichen Parteien Fassungslosigkeit, geloben Schutz der Bevölkerung und reden sogar vom „Kampf gegen den Faschismus“. Kanzlerin Angela Merkel meint, Rassismus sei „ein Gift“ und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht von der SPD bezeichnet „Rechtsterrorismus“ als „die größte Gefahr für unsere Demokratie aktuell“. Der hessische CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier spricht auf der Gedenkkundgebung in Hanau von einer „Stimmung“, die zu den Morden geführt habe und meint damit in erster Linie die AfD. Es ist derselbe Ministerpräsident, der mit allen Mitteln verhindert hat, dass im NSU-Prozess der V-Mann Andreas Temme („Klein-Adolf“ genannt) verhört wird, obwohl er bei dem Mord an Halit Yozgat am Tatort war.

Angesichts der geheuchelten Trauerbekundungen wird der eine oder andere stutzig: War es nicht CSU-Bundesinnenminister Horst Seehofer, der sich an seinem neunundsechzigsten Geburtstag 2018 noch amüsiert darüber zeigte, dass am selben Datum 69 Afghanen aus Deutschland in eine lebensbedrohliche Situation zurück nach Afghanistan abgeschoben wurden? War es nicht Thilo Sarrazin, langjähriges SPD-Mitglied, der in seinen Büchern mit millionenstarken Auflagen von der Bedrohung Deutschlands durch den Islam spricht? Und waren es nicht auch CDU und FDP, die in Thüringen im Schulterschluss mit der AfD agiert haben? Waren in Hessen etwa nicht die Grünen an der Regierung, als beschlossen wurde, dass die NSU Akten über 100 Jahre verschlossen bleiben sollen? Die Liste ist endlos fortzuführen.

Nun fordern alle Parteien im Bundestag einen Ausbau der Sicherheitsorgane als Schlussfolgerung aus dem faschistischen Terror in Hanau. Die Linkspartei bläst ins selbe Horn, als ihr Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch die „Reformierung“ des Verfassungsschutzes fordert. Diese Forderungen sind der reine Hohn: Sie fordern den Ausbau eben jener Apparate – wie des Bundennachrichtendienstes und des Verfassungsschutzes -, die seit ihrer Gründung faschistische Netzwerke und Gruppen in der BRD aufgebaut haben und von selbst von Faschisten aufgebaut wurden. Wenn dieser Staat seinen Sicherheitsapparat ausbaut oder auch nur „reformiert“, können wir uns sicher sein, dass dieser nicht den Naziterror stoppen wird, sondern gegen uns in Stellung gebracht wird.

Nur wenige Tage vor Hanau flog die Nazizelle „Gruppe S.“ auf, die Anschläge auf Moscheen in 10 Bundesländern geplant hatte. In ihrem kleinen Kreis organisiert waren: ein V-Mann und ein Polizeibeamter. Das jahrelange Morden des NSU wäre ohne die unterstützende Arbeit des Verfassungsschutzes undenkbar gewesen. Die Nachrichten über Nazigruppen innerhalb der Polizei bis hin zu Tötungslisten, die aus Polizeidaten erstellt wurden – Stichwort „NSU 2.0“ – reißen nicht ab. Die Aufdeckungen der faschistischen Netzwerke von hochrangigen SEK- & Bundeswehrangehörigen unter den Namen Uniter oder Nordkreuz, aber auch die Rolle des Verfassungsschutz beim Aufbau der faschistischen Zelle „Revolution Chemnitz“ zeigen uns deutlich, dass die Verbindung von faschistischer Szene und dem Staatsapparat kein Betriebsunfall ist.

Forderungen wie die „Auflösung des Verfassungsschutzes“ verkennen, dass Terror und Einschüchterung notwendige Instrumente der Herrschaftssicherung der Herrschenden sind. Die personellen Verbindungen sind kein Zufall oder Ergebnis einer Unterwanderungstaktik. Die Funktion des Terrors ist es, einen Teil der Bevölkerung einzuschüchtern und vom Kampf für die eigenen Interessen abzuhalten. Die Vorbereitung der rechten Terrornetzwerke auf einen „Bürgerkrieg“, welche von vielen – auch Linken – als krude Wahnvorstellung abgetan wird, deckt sich in Wirklichkeit mit den Plänen zur Aufstandsbekämpfung der Herrschenden.

Doch auch jetzt schon dient der Terror dem Ausbau der staatlichen Repressionsapparate und zugleich den bürgerlichen Parteien als willkommenes Mittel, sich als antifaschistisch geläuterte Verteidiger der Demokratie aufzuspielen. Dass es durchaus zu Verselbständigungen und Widersprüchen in dem Verhältnis zwischen faschistischen Organisationen und dem Staat kommen kann, ändert nichts an dieser grundsätzlichen Funktion. Die AfD ist lediglich die bürgerliche Partei, die das Interesse der Herrschenden an Spaltung und Repression am offensten artikuliert. Sie ist aus den bürgerlichen Parteien – allen voran der CDU – hervorgegangen und sie vertritt konsequent die Interessen der Herrschenden in Deutschland.

Die Vertreter der bürgerlichen Parteien erklären uns, der Rassismus einer kleinen extremen Minderheit sei die Wurzel des faschistischen Terrors. Doch der Rassismus ist das Ergebnis aus jahrelanger Politik und Stimmungsmache gerade durch die bürgerlichen Parteien und durch den Großteil der Medien. Sie haben fleißig Feindbilder wie den kriminellen Ausländer oder den terroristischen Muslim aufgebaut. Rassistische Hetze ist für die herrschende Klasse eine nützliche und notwendige ideologische Begleitung und Legitimierung ihrer Macht. Rassismus spaltet die Arbeiterklasse untereinander und bringt sie gegeneinander auf, anstatt sich zu solidarisieren. Rassismus dient der Rechtfertigung der Ausplünderung anderer Länder, der Verschärfung von Gesetzen – seien es die Asylgesetze oder der Ausbau von staatlichen Repressionen und Überwachung. Der Rassismus ist die Begleitmusik zur tagtäglichen Erfahrungen von Konkurrenz und Ungleichheit, von verstärker Vereinzelung und Entsolidarisierung. Eine gespaltene Arbeiterklasse ist gut für die Herrschenden, damit sie ihre Löhne immer weiter drücken können.

Die Reaktionen der Maaßens, AfDler & Co. auf den faschistischen Anschlag in Hanau sind menschenverachtend, doch genauso müssen wir die Krokodilstränen der anderen Brandstifter und Heuchler in den Regierungen und Parlamenten entlarven und bekämpfen. Ist die Angst in der Bevölkerung erst einmal durch faschistischen Terror geschürt, erscheinen die politischen Vertreter der Parteien auf der Bühne, um sich den verängstigten und wütenden Menschen als Retter ihrer faulen Demokratie zu präsentieren. Ihre Versprechen, für den Schutz der Betroffenen zu sorgen, ist hohl und dient lediglich dazu, zu verhindern, dass jene sich eigenständig organisieren und selbst schützen. Gemeinsam mit ihnen können wir keinen Kampf gegen den Faschismus führen, denn ihre Politik von Hartz4, Niedriglohn und Leiharbeit ist es, die ständig den Konkurrenzkampf unter den Arbeitern verstärkt und ihre Existenz bedroht. Doch wir wissen: euer Schutz ist unser Grab. Unser Schutz ist die Solidarität der Werktätigen und ihr gemeinsamer Kampf. Die Ohnmacht und die Angst dürfen nicht Überhand nehmen. Die Arbeiterklasse muss sich zusammenschließen und den antifaschistischen Selbstschutz organisieren. Die Wut und die Trauer um die Opfer muss verwandelt werden in den Aufbau von solidarischen Strukturen und gemeinsame Kämpfe gegen den Staat und seine faschistischen Hunde.

Hetze gegen Kommunisten in Gießen!

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Geschichtsrevisionistische Kampagne soll von Antisemitismus und rechter Gewalt ablenken! 

Antisemitischer Eklat“ durch die Kommunistische Organisation in Gießen?

Am 15.02. fand in Gießen eine Demonstration gegen Faschismus, Armut, Krieg und Krise des Bündnisses „Antifaschistische Basis Gießen (ABG)“ statt. Daran nahmen etwa 500 Personen teil. Auch Mitglieder der Kommunistischen Organisation (KO), der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und der Antifaschistischen Revolutionären Aktion Gießen (ARAG) hatten sich an der Vorbereitung und Durchführung der Demo beteiligt.

In der Nähe einer 1938 durch die Faschisten niedergebrannten Synagoge wurde auch eine Rede der Kommunistischen Organisation gehalten, die hier nachgelesen werden kann. Darin erinnerten wir an die grausame Verfolgung und Ermordung der Gießener Juden, von denen nur fünf den deutschen Faschismus überlebten. Weiterhin sagten wir, dass es sich bei der Reichspogromnacht nicht um einen Massenaufstand des deutschen Volkes gegen die Juden gehandelt habe, sich ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung beteiligte und die große Mehrheit den Ausschreitungen passiv gegenüberstand. Das Bild des „Massenaufstands“ wurde durch die Propaganda des Nazistaates verbreitet, ihre eigenen Schreckenstaten verkauften die Faschisten als einen Akt des spontanen „Volkszorns“. Aufgrund der historischen Belege, sollte diese Darstellung heute selbst von der bürgerlichen Geschichtsschreibung als faschistische Propaganda benannt werden. Aber einige rechte Kräfte versuchen, die faschistische Propaganda des „Volkszorns“ oder der „antisemitischen Massenaufstände“ wiederzubeleben. Allerdings entspricht diese Behauptung keineswegs den historischen Tatsachen. Vielmehr wurden die schrecklichen Verbrechen gegen die jüdische Bevölkerung am 9. November 1938 gezielt durch den faschistischen Staat vorbereitet und hauptsächlich durch Angehörige von SA und SS durchgeführt. 

Damit wurden die weitere Entrechtung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung, die „Arisierung“, also der Raub ihres Besitzes, sowie die massenweise Deportation, Ausbeutung durch Zwangsarbeit und der Völkermord an den Juden vorbereitet. Für eine nähere Einschätzung dieser Ereignisse und der Funktion der Inszenierung der Reichspogromnacht für die Faschisten, verweisen wir hier auf unsere Stellungnahme „Gegen jeden Spaltungsversuch der Arbeiterklasse! Schluss mit dem Morden heißt Schluss mit dem Imperialismus!“.

Dass reaktionären und konservativen Kräften kein Mittel zu schlecht ist, um Antifaschistinnen und Antifaschisten zu bekämpfen, ist nichts Neues. Nun haben sich jedoch die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) Gießen, die Zeitung „Gießener Allgemeine“ und andere bürgerliche Organisationen in Gießen selbst übertroffen.

Im Nachgang der Demonstration verunglimpfen sie die Kommunistische Organisation und andere kommunistische Kräfte wie die DKP und die ARAG. Gerade ein Antifaschismus als Massenbewegung soll im Keim erstickt werden, um das herrschende System zu schützen. Die Hetzte der DIG Gießen war gefundenes Fressen für konservative Lokaljournalisten, um den Kampf gegen Rechts zu delegitimieren. 

Sie behaupten, die Kommunistische Organisation betreibe „antisemitischen Geschichtsrevisionismus“ und „einen Geschichtsrevisionismus wie AfD und NPD“. Die DIG Gießen meinte sogar, es habe einen „Antisemitischen Eklat“ auf der Demonstration der ABG gegeben. 

Sie betreiben mit ihrer Behauptung Täterschutz. Es waren organisierte Faschisten und der Staat, die das Pogrom organisierten, und es sind auch heute organisierte Faschisten, die morden und terrorisieren. Sie werden ebenso wie damals vom Staat aufgebaut und finanziert. Von ihnen geht die Gefahr aus. Die Schuld der ganzen Bevölkerung zu geben, lenkt von den Tätern und ihren organisierten Strukturen ab. Das ist ganz im Sinne der Nazis. Es relativiert die Quelle des Antisemitismus – organisierte Nazis, von Uniter über die Reichsbürger bis zur AfD. Die DIG nimmt diese Strukturen mit ihrer „Kollektivschuldthese“ in Schutz.

Kurz zusammengefasst behaupten sie: 

Der Redebeitrag hätte

  1. das „Novemberpogrom verharmlost“ (Vergl. Distanzierung AstA Uni Gießen: https://www.facebook.com/events/182970256431163/permalink/208452880549567/)
  2. behauptet, bei den Novemberpogromen habe es sich um eine „‚Inszenierung‘ der Nazi-Eliten gehandelt, die keinen Rückhalt in der Bevölkerung gefunden habe.“ (Vergl. DIG Gießen: https://www.dig-giessen.de/?p=175)
  3. beinhaltet: „In den ‚deutschen Genen‘ sei kein Judenhass zu finden“ (Vergl GAZ Artikel: https://www.giessener-allgemeine.de/giessen/giessen-wirbel-nach-demo-judenpogrom-verharmlost-13544866.html)

Zu 1. Die Rede hätte das „Novemberpogrom verharmlost“ 

In der Rede wurde gesagt:

„Am 09. November 1938 wurden jüdische Mitmenschen, Nachbarn, Bekannte und Verwandte jeden Alters brutal verfolgt und ermordet.

Nur wenige Meter von hier entfernt, in der Steinstraße 8 hat bis zum 10. November 1938 eine der beiden Gießener Synagogen gestanden. Beim Novemberpogrom 1938 wurden beide Synagogen durch SA-Männer geplündert und angezündet. (…) Die KZ´s waren die Orte, wo die Faschisten mit all ihren Gegnern auf blutrünstigste Weise abrechneten. So überlebten nur fünf der damals aus Gießen deportierten Personen. Auch in anderen Städten wurden am 9. und 10. November 1938 jüdische Mitmenschen auf offener Straße massakriert, blutig geschlagen, erhängt, erstochen, zu Hunderten ermordet. Tausende Läden von jüdischen Besitzern wurden in Stücke geschlagen, hunderte Synagogen in Brand gesetzt.“

Zu behaupten, das wäre eine Verharmlosung, ist einfach verleumderisch. Kein anderer Redebeitrag an dem Tag (auch nicht bei der bürgerlichen Kundgebung von „Gießen Bleibt Bunt“) ist so deutlich auf die Gräueltaten gegen Jüdinnen und Juden eingegangen. Wo hier eine Verharmlosung stattgefunden haben soll, bleibt offen. 

Zu 2. Wir hätten behauptet, bei den Novemberpogromen habe es sich um eine „‚Inszenierung‘ der Nazi-Eliten gehandelt, die keinen Rückhalt in der Bevölkerung gefunden habe.“

In der Rede wurde gesagt:

„Am 09. November 1938 gab es keinen Massenaufstand gegen Juden. Den weitaus größten Teil der Hetzer und Totschläger machten staatlich gelenkte Trupps der SA aus – nur ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung beteiligte sich freiwillig an dem Pogrom.“ 

Das entspricht den historischen Tatsachen. Die DIG Gießen will mit ihrer „Kollektivschuldthese“ von den Tätern ablenken. Sie übernimmt dabei die Propaganda der Nazis vom „Volkszorn“ – die Wahrheit aber ist: Die Nazi-Terrorherrschaft hat 1933 den Widerstand ausgemerzt, dann diejenigen Juden, die nicht Teil des Widerstands waren, und andere Volksgruppen, die unorganisiert und zum großen Teil auch unpolitisch waren, ins Visier genommen. Eine Stimmung der Angst in der Bevölkerung war seit 1933 vorherrschend. Dennoch gab es natürlich Antisemiten in der deutschen Bevölkerung die bei den Novemberpogromen Beifall klatschten. Das Propagandaministerium hatte bereits fünf Jahre lang Vorarbeit geleistet. Deswegen und weil die Widerstandskämpferinnen schon seit 1933 im KZ saßen, bereits tot oder im Exil waren, konnten die Faschisten 1938 weitgehend ungehindert ihren Antisemitismus ausleben. Die Reichspogromnacht diente dem Kapital und dem Staat als Kriegsvorbereitung und Angstmache. 

Der Artikel der DIG Gießen betreibt die Relativierung der Verantwortung der organisierten faschistischen Kräfte, des Staates und der Interessen der großen Unternehmen. Diese Taktik der Vereinnahmung von Antifaschismus muss durchschaut werden. Es geht dabei um die Zersetzung der antifaschistischen Kräfte von Innen und die Übernahme des antifaschistischen Vokabulars. Diese Taktik ist nicht neu und muss scharf bekämpft werden. 

Die Leute, die in der DIG dominant sind, haben bereits seit Jahren Antifaschisten, Linke, Internationalisten und Kommunisten ins Visier genommen und mischen kräftig bei der Hetze gegen den Islam mit. Die DIG Gießen gibt es seit Mai 2019. Auf ihrer Homepage gibt es genau drei Artikel, in allen drei Artikeln wird gegen Kommunisten in Gießen gehetzt und ihnen Antisemitismus vorgeworfen. 

Zu 3. Wir hätten gesagt: „In den ‚deutschen Genen‘ sei kein Judenhass zu finden“

In der Rede wurde gesagt:

„Die Reichspogromnacht war keine Tat des Volkes, kein „spontaner Volkszorn“, wie Reichspropagandaminister Joseph Goebbels verlautbarte. Sie war eine staatliche Aktion, eine Inszenierung – geplant von der faschistischen Regierung. Wer in den deutschen Genen ein Antisemitismus-Gen sucht, wird vergeblich suchen und ist der Rassenideologie der Faschisten auf den Leim gegangen.“

Dass es keine deutschen Gene gibt, ist hoffentlich allen Lesern klar und die Aussage, dass es kein Antisemitismus-Gen gibt, war sehr klar gegen diese Vorstellung – egal ob von Faschisten oder Vertretern der „Kollektivschuldthese“ – gerichtet. Die „Kollektivschuldthese“ beruht gerade auf der Annahme, dass es etwas Deutsches geben muss, was Antisemitismus beinhaltet. Dabei werden die Deutschen jüdischen Glaubens oder mit Eltern aus der jüdischen Gemeinde ganz selbstverständlich aus der deutschen Bevölkerung herausgenommen, ganz genau wie es auch die Nazis gemacht haben. Diejenigen Antifaschisten und Kommunisten, die nicht jüdischer ‚Abstammung‘ waren, sind wiederum verdächtig auch Antisemiten gewesen zu sein. Wenn man also politische Überzeugung und gemeinsame Kultur aus dem nationalen Kontext abzieht, was bleibt in der Ideologie übrig, als biologische Annahmen? 

Im Kontext der Rede wird klar, dass damit kein deutsches Gen unterstellt werden soll. Der Vorwurf beinhaltet nichts anderes als eine Ablenkung von den eigenen zutiefst reaktionären Vorstellungen von Volk und Nation und einem Problem mit der eigenen Identität.

Oft behaupten die Vertreter der Kollektivschuldthese, dass das „deutsche Volk“ einfach grundsätzlich antisemitisch sei. Teilweise finden sie sich dabei in regelrechten Völkermordfantasien gegen das deutsche „Tätervolk“ wieder. Sie tragen T-Shirts mit Aufschriften wie „Bomber Harris do it again“ (Der englische Luftwaffen-General Arthur Harris, bekannt als „Bomber Harris“, hatte im Februar 1945 die Bombardierung Dresdens befohlen. Dabei starben rund 25.000 Menschen.) oder verhöhnen die Nachkommen der Opfer des Bombardements bei Fußballspielen mit Transparenten auf denen steht „Schon eure Großeltern haben für Dresden gebrannt“ (https://www.mopo.de/sport/fc-st-pauli/vor-st—pauli-partie-gegen-dresden-geschmackloser-aufkleber-wird-zum-aufreger-36243148). Hier ein weiteres Beispiel für ihre menschenverachtende Ideologie aus dem Lied „Baggersee“ der Band „Antilopen Gang“ (https://genius.com/Antilopen-gang-baggersee-lyrics):

„Wäre es nicht praktischer, wenn da wo vorher Deutschland war in ein paar Jahren ein Baggersee entsteht? (…) 
Atombombe auf Deutschland, dann ist Ruhe im Karton
Atombombe auf Deutschland, alles Gute kommt von oben. Der historische Fehler, dass Deutschland existiert wird durch den Baggersee hier und heute korrigiert. Weg mit dem Scheißland, wir wollen ei’n Strand.“

Wir verurteilen diese zutiefst menschenverachtende Ideologie. Die Faschismusanalyse die dahinter steckt ist fatal. Sie begreift Faschismus als Produkt aus der Basis, als gesamtgesellschaftliches Phänomen. Der Feind ist der „dumme, antisemitische Deutsche“ und nicht das menschenverachtende kapitalistische System und seine Monopole. Die NSDAP wurde von deutschen Monopolisten finanziert und Hindenburg wurde von ihnen angehalten, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Das deutsche Kapital brauchte die faschistische Diktatur um gezielter gegen die Arbeiterbewegung vorzugehen und eine Revolution zu verhindern. Wer das verkennt, wird an der Wurzel des Faschismus – dem Kapitalismus – immer konsequent vorbei arbeiten und niemals einen nachhaltigen Antifaschismus entwickeln können. 

Konservative und Reaktionäre wie die DIG oder die Gießener Allgemeine verstehen sich selbst als die schärfsten Gegner des Antisemitismus. Allerdings haben sie sich eine Reihe von weiteren angeblichen Formen des Antisemitismus ausgedacht, die jedoch in Wahrheit nichts mit dem Judenhass oder mit Vorurteilen gegen Juden zu tun haben. So machen sie beispielsweise im Antizionismus, also der Ablehnung des israelischen Besatzungs- und Apartheidregimes, eine Form des Antisemitismus aus. Dabei stört es sie nicht, dass es auch Juden gibt, die eine ablehnende Haltung gegenüber Israel vertreten. Noch mehr an den Haaren herbeigezogen ist das Konzept des „strukturellen Antisemitismus“. Hiermit werden Argumentationen betitelt, die sich nicht gegen Juden richten, aber strukturell angeblich dem Antisemitismus ähnlich seien. Sie behaupten, es sei strukturell antisemitisch, wenn man beispielsweise das Kapital und seine Vertreter, also Unternehmensbesitzer, deren Manager und Politiker, kritisiere. Damit wird von den Vertretern des Konzepts des „strukturellen Antisemitismus“ selbst eine Verbindung zwischen Kapital und Judentum hergestellt und ein altes antisemitisches Klischee bedient. Ein Paradebeispiel für diese absurde Position findet sich auch in der Stellungnahme der DIG Gießen:

„’Einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Antisemitismus stehen leider die in manchen linken Gruppen verbreiteten einfachen und schwarz-weiß gezeichneten Weltbilder entgegen‘, so Randi Becker. ‚Das gute Volk und die bösen Eliten, die guten nationalen Befreiungsbewegungen und der böse Imperialismus, der brave Arbeiter und die hinterlistigen Strippenzieher des Finanzkapitals − mit solch kruden Bildern lassen sich Demokratie und Rechtsstaat nicht gegen menschenfeindliche Ideologien und politische Bewegungen, die ihnen anhängen, verteidigen. Im Gegenteil: Sie sind selbst Teil der Bedrohung‘, äußert sich Vorstandsmitglied Fontana abschließend.“

Hier zeigt sich im Übrigen auch ganz eindeutig, auf welcher Seite die DIG Gießen steht: Auf der Seite der kapitalistischen Ausbeuter und Unternehmensbosse. Auf der Seite der imperialistischen Kriegstreiber. Auf der Seite des Staates der Kapitalistenklasse.

Damit werden der Antisemitismus und die Rolle der Faschisten sowie des Staats relativiert. Sie relativieren die organisierten Kräfte und das Klasseninteresse dahinter, sie nehmen die Organisatoren des zweiten Weltkriegs und des Holocaust in Schutz, in dem sie die Kollektivschuldthese aufstellen. Die Mächtigen und Herrschenden werden aus der Schusslinie genommen und die Schuld der ganzen Gesellschaft gegeben. Das ist gefährlich und zwar auch in Bezug auf heute. Es sind organisierte Kräfte, die den Antisemitismus verbreiten und dazu aufhetzen, und diese Kräfte stehen mit dem Staat und mit dem Kapital in Verbindung – siehe die Großspenden an die Höcke-AfD, den Aufbau des NSU durch den Verfassungsschutz, etc. – sie werden von ihnen aufgebaut und gefördert.

Auch die Gießener Allgemeine Zeitung lässt in ihrem Beitrag tief blicken. So schreiben sie: 

„Im Wesentlichen geht es traditionellen Kommunisten wie aus der DKP oder KO bei der Betrachtung der Nazizeit stets darum, die „Arbeiterklasse“ bzw. die Kommunisten als erste Opfergruppe voranzustellen, noch vor den Juden.“

Die Spaltung der Opfer des Faschismus in die „Arbeiterklasse“, die „Kommunisten“ und die „Juden“ teilen wir natürlich nicht. Doch der reaktionäre Redakteur scheint „die Juden“ nicht als Teil der deutschen Arbeiterklasse zu verstehen und ihm scheint auch nicht bekannt zu sein, dass es auch unzählige jüdische Kommunisten gab. Auch er spricht den Deutschen jüdischen Glaubens oder mit Eltern aus der jüdischen Gemeinde ab, jemals Teil der deutschen Bevölkerung gewesen zu sein. . An dem Artikel sieht man, dass auch er der „Kollektivschuldthese“ anhängt und damit Täter schützt und eine grundsätzliche Abneigung gegen die Arbeiterklasse empfindet.

Dem ist nur zu entgegnen: Ja, wir als Kommunistische Organisation kämpfen für die Organisation der Arbeiterklasse und des Volkes für die Befreiung von der kapitalistischen Ausbeutung. Ja, wir kämpfen für ein Ende der Aufteilung der Welt unter den Imperialisten. Wir wenden uns ganz klar gegen rassistische Spaltung im Sinne der Herrschenden.

Antifaschistische Massenbasis vs. opportunistische Bündnispolitik

Dass vermeintlich Linke diese Lügen der DIG mittragen und verbreiten, ist katastrophal. Denn auch das bürgerliche Bündnis „Gießen Bleibt Bunt“ (AStA Uni Gießen, linksjugend Gießen, DIE LINKE Gießen, Bündnis 90/Die Grünen Gießen, Jusos Gießen, SDS Hochschulgruppe Gießen usw.) und JXK/YXK Gießen distanzierten sich von der besagten Rede und bezichtigen uns der Verharmlosung des Antisemitismus und des Geschichtsrevisionismus. Und das, ohne die Rede überhaupt zu kennen. Damit zeigen sie nur, dass es ihnen nicht um Antifaschismus und Kampf gegen den Antisemitismus geht, sondern darum sich anzubiedern und mitzumachen. Dass sie sich von reaktionären Kräften wie der DIG Gießen so instrumentalisieren lassen, deutet auf ihre Theoriearmut, ihren Opportunismus und Karrierismus hin. 

Der Vorwurf des Antisemitismus wird als politische Waffe gegen Linke missbraucht. Linke Aktivisten werden eingeschüchtert, die Rechten dagegen werden aus der Schusslinie genommen. Wir dürfen uns davon weder verunsichern noch aufhalten lassen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in Hanau und der Enthüllungen von Nazi-Aktivitäten und faschistischen Netzwerken in der Polizei, in den Geheimdiensten und in der Bundeswehr, ist gerade jetzt ein selbstbewusster, auf die Massen orientierter Antifaschismus nötig. Dabei brauchen wir Klarheit über die Ursachen und das Wesen des Faschismus, über Täter und Opfer, und solidarische und auf die Klassenfeinde fokussierte Einheit im Handeln der proletarischen Massen. Der Tag hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig unsere antifaschistische Arbeit ist. Reaktionäre wie die DIG Gießen und Konservative und Antikommunisten wie die Gießener Allgemeine Zeitung haben Angst, dass sich eine wirklich antifaschistische Kraft formiert, die die Arbeiterklasse anspricht. Die linke Szene und die Sozialdemokraten wie bei „Gießen Bleibt Bunt“ haben Angst, selbst die Antisemitismuskeule abzubekommen, und wollen lieber an ihrer Akzeptanz in der Parteienlandschaft und damit an ihrer Regierungsfähigkeit arbeiten, als einen Antifaschismus und eine antikapitalistische Massenbewegung aufbauen. Wir lassen uns davon nicht entmutigen und werden unsere antifaschistische Arbeit konsequent fortführen.

DDR-Film: "Das andere Leben"

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Episode I – Schule und Jugend in der DDR

Episode II – Arbeit und Wirtschaft in der DDR

Episode III – Demokratie und Zusammenleben in der DDR

Episode IV – Kalter Krieg und Konterrevolution

Im Episodenfilm DAS ANDERE LEBEN geben elf Interviewpartner aus der Sicht ihrer Lebensgeschichte Einblick in die Gesellschaft der Deutschen Demokratischen Republik. Polytechnischer Unterricht, Gesundheitsversorgung, Mitbestimmung, Arbeitsbrigade und Kalter Krieg – Alltagsleben und Geschichte der DDR erscheinen in einem neuen Licht, angesichts einer ansonsten einseitigen, meist negativen Darstellung. Die Geschichte des ersten sozialistischen deutschen Staates ist voll von Erfahrungen, die auch Antworten auf die sozialen und ökonomischen Probleme der Gegenwart geben können.

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Defender 2020: Übung für den Krieg gegen Russland

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Mit einem der größten Truppenmanöver seit drei Jahrzehnten will die NATO Stärke demonstrieren. Die USA leiten das Manöver gemeinsam mit 17 Partnerländern. Insgesamt werden 37.000 Soldaten eingesetzt. Auch der deutsche Staat beteiligt sich maßgeblich an der Übung. 2.000 deutsche Soldaten nehmen teil. Besonders im Bereich der Logistik profiliert sich Deutschland und wird bei der Operation das zentrale Drehkreuz für die Übung darstellen.

Von Februar bis Mai wird der Anblick von langen Militärkonvois auf Schienen und Autobahnen in vielen Gebieten Deutschlands zum Alltag gehören. Die meisten Verlegungen sollen zwar nachts stattfinden, um den Verkehr nicht zu sehr zu beeinträchtigen, doch stellen solche Maßnahmen nicht nur eine Machtdemonstration gegenüber anderen Staaten dar, sondern gewöhnen auch die Bevölkerung schrittweise an eine massive Militärpräsenz.

Offiziell richtet sich die Übung, die die schnelle Verlegung von 20.000 US-Soldaten nach Europa beinhaltet, nicht gegen irgendeinen bestimmten Feind. Ziel der Verlegung ist insbesondere das Baltikum, also Lettland, Litauen und Estland. Diese Länder befinden sich in direkter Nachbarschaft zu Russland. Zum 75. Jahrestag des Sieges über den Faschismus im Mai sollen im Rahmen von „Defender 2020“ wieder deutsche Soldaten an der Grenze zu Russland stehen und dort für den Krieg üben.

In welchen Zusammenhang steht dieses Manöver?

Krieg und Kapitalismus sind untrennbar miteinander verbunden. Wenn es keine Einigung auf Handelsbeziehungen gibt, wirtschaftlicher und diplomatischer Druck versagen, werden im Zweifel militärische Mittel eingesetzt, um wirtschaftliche Interessen, d. h. letztlich die Profitinteressen der Kapitalisten, durchzusetzen. Um besonders durchsetzungsstark zu sein, haben sich einige Staaten in Wirtschafts- und Militärbündnissen zusammengeschlossen. Die NATO ist dabei das größte Militärbündnis der Welt. Mitglieder sind neben den USA unter anderem auch Großbritannien, Frankreich, die Türkei, Polen, die baltischen Staaten und Deutschland. Sie entstand nach dem 2. Weltkrieg im sogenannten Kalten Krieg der USA und verbündeter Staaten gegen das sozialistische Lager.

Das Verhältnis zwischen Russland und den NATO-Staaten wird seit einigen Jahren immer angespannter. Im Kern geht es dabei um ökonomische Konkurrenz. Der wirtschaftliche Einfluss der USA schwindet zugunsten neuer aufstrebender Staaten wie China, aber auch Russland. Das treibt die führende Weltmacht zu einer verstärkten Aggression nach außen. Sie setzen auf Handelsblockaden, Sanktionspolitik und eben auch auf militärische Überlegenheit. Die russische Föderation befindet sich gegenüber dem NATO-Block in einer schwächeren Position. Sowohl militärisch als auch wirtschaftlich ist sie unterlegen. Deshalb ist Russland gezwungen, primär die Mittel der Diplomatie zu suchen, und greift nur im Ausnahmefall zu den Waffen. Doch auch Russland modernisiert seine Truppen und sucht ein engeres Bündnis mit China.

Mit der Aufnahme von bisher 13 osteuropäischen Staaten in das Militärbündnis nach Ende des Kalten Krieges rückt die NATO immer weiter vor die russische Grenze. Und das, obwohl 1990 eine Osterweiterung noch ausgeschlossen wurde. Die Bündnisfall-Regelung zwingt alle NATO-Staaten zum militärischen Gegenschlag, sollte ein Mitgliedsland angegriffen werden. Das schafft gegenüber Russland eine massive Drohkulisse. Die Aufkündigung der INF-Verträge 2019 zwischen Russland und den USA, über die Verwendung von Mittelstreckenraketen, aber vor allem auch der Konflikt um die Ukraine sowie der Krieg gegen Syrien und die Versuche, einen weiteren Krieg gegen den Iran, einem Verbündeten Russlands, zu entfachen, verschärfen die Beziehungen enorm.

Aber auch die Einheit der NATO bröckelt. Die USA sind traditionell ein wichtiger Verbündeter der BRD. Doch treten immer offener Konflikte zwischen den Partnern zutage. So stellt sich Deutschland beim Handelskonflikt zwischen den USA und China nicht klar auf die Seite der USA. Stattdessen versucht die deutsche Regierung gute Handelsbeziehungen mit beiden Seiten aufrechtzuerhalten. Auch die US-Sanktionen gegen die Gas-Pipeline (Nord-Stream 2) zwischen Russland und Deutschland, genauso wie gegensätzliche Positionen zum Atomabkommen mit dem Iran und die Androhung der USA, Strafzölle gegen die deutsche Automobilindustrie zu erheben, zeigen Risse in den transatlantischen Beziehungen. Strategisch versucht die deutsche Regierung den europäischen Teil der NATO zu stärken, um mehr Einfluss innerhalb des Bündnisses zu gewinnen. In Frankreich wird Kritik an der NATO immer lauter. Frankreichs Präsident Macron kritisierte das Verhalten der Türkei und USA in Syrien, die dort ohne Absprache mit anderen NATO-Partnern gehandelt haben. Er fordert, dass sich Europa unabhängig von anderen Partnern machen soll, kritisiert aber auch die Rolle Deutschlands in der EU.

Die Rüstungsausgaben steigen weltweit, auch in Deutschland. Während die Medien immer wieder vom angeblichen schlechten Zustand der Bundeswehr berichten, reichen die Rüstungsausgaben Deutschlands bereits an die Ausgaben Russlands heran. Schon jetzt sind aktuell ca. 4.000 Bundeswehrsoldaten in zwölf verschiedenen Einsätzen im Ausland aktiv. Die Militarisierung der deutschen Gesellschaft geht mit großen Schritten voran. Durch Werbung an Schulen und die gesteigerte Präsenz von Soldaten im öffentlichen Raum, etwa durch kostenloses ICE-Fahren für Soldaten in Uniform, wird der Militarismus in der Gesellschaft normalisiert.

Wie trifft uns das?

Während die einen an Krieg und Aufrüstung verdienen, sind wir, die Arbeiter und Angestellten, stets die Leidtragenden dieser Politik. Wir tragen alle Kosten, sowohl durch unsere Steuern aber vor allem auch durch unser Leben. Kein Krieg gegen Russland ist im Interesse der Arbeiterklasse, weder der deutschen noch der russischen. Krieg bedeutet im Imperialismus nur Zerstörung von Mensch und Land.

Doch die Prioritäten der Bundesregierung sind klar gesetzt. Während Schulen und soziale Einrichtungen kaputtgespart und die Sozialsysteme immer weiter ausgehöhlt werden, übersteigen die Militärausgaben 2020 voraussichtlich erstmals 50 Milliarden Euro. Die Perspektivlosigkeit vieler Jugendlichen wird von der Bundeswehr ausgenutzt. Sie präsentiert sich in sozialen Medien als jung und modern. Sie lockt mit hohen Gehältern und sicheren Arbeitsbedingungen. Von den dauerhaften körperlichen und seelischen Schäden, die der „Beruf“ hervorrufen kann, wird geschwiegen.

Wir müssen uns klar gegen jede Aggression gegen Russland, den Iran oder anderen Zielen der NATO positionieren und insbesondere die Rolle Deutschlands dabei in den Blick nehmen. Der Austritt aus der NATO und die Schließung von US-Militärbasen in Deutschland müssen wesentliche Ziele sein, doch werden diese allein keinen Frieden schaffen. So sind es auch deutsche Rüstungskonzerne, die dank der wachsenden Kriegsgefahr fette Profite einfahren. Solange das imperialistische Weltsystem existiert, kann es keinen dauerhaften Frieden geben.

Dabei dürfen wir uns auch nicht von sogenannten Volksvertretern täuschen lassen. Alle Parteien im Bundestag, auch Spitzen der Linkspartei, stehen für eine NATO-Mitgliedschaft. Wenn wir eine starke Friedensbewegung in Deutschland aufbauen wollen, dürfen wir uns nicht vor den Karren dieser Politiker spannen lassen. Stattdessen müssen wir die NATO-Aggression unter unseren Kollegen und Nachbarn, an den Schulen und Universitäten zum Thema machen und Widerstand dagegen organisieren.

Die „Defender 2020“-Übungen sind Teil der Kriegsvorbereitungen der Imperialisten. Kriege passieren nicht einfach. Ihnen geht jahrelange logistische und militärische Vorbereitung voraus. Sie sind keine Naturgewalten, sondern folgen wirtschaftlichen und politischen Interessen. Wir können sie nur verhindern, indem wir nicht blind den Versprechungen von Politikern folgen, sondern uns auf unsere eigene Kraft verlassen, uns als Klasse organisieren und Einheit und Klarheit in unsere Reihen bringen.

Keine Arbeiter, keinen Cent für ihre Kriege!

Raus aus der NATO! Stopp aller Auslandseinsätze der Bundeswehr!

Hoch die internationale Solidarität!

Zu einigen Problemen und Unklarheiten des Leitantrags an den 23. Parteitag der DKP

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Der Leitantrag (LA) des DKP-Parteivorstandes (PV) an den 23. Parteitag der DKP unternimmt den Versuch, „Kampffelder im Rahmen der antimonopolistischen Strategie“ zu bestimmen. Die Übersetzung einer Strategie in eine konkrete Praxis ist ebenso richtig wie schwierig. Sie ist einerseits notwendig, wenn Kommunisten kollektiv, einheitlich und zielgerichtet handlungsfähig sein wollen. Andererseits treten dabei Unterschiede zutage, die sich auf theoretische Fragen zurückführen lassen und denen wir dementsprechend nachgehen müssen. In den LA spielen z.B. einige zentrale Streitfragen der kommunistischen Bewegung in Deutschland hinein: Was ist unter Imperialismus zu verstehen? Wie sind Länder wie China und Russland einzuschätzen? Was ist die Hauptaufgabe von Kommunisten und wie müssen sie sich organisieren? Und natürlich: Wie sieht überhaupt hier und heute eine Strategie, die zum Sozialismus führt, aus? In diesem Beitrag wollen wir nicht auf alle Aspekte des Antrags eingehen, sondern einige Punkte hervorheben, an denen sich große Fragen auftun oder an denen sich unseres Erachtens grundsätzliche Probleme der Antimonopolistischen Strategie (AMS) der DKP zeigen. Ebenso wie wir uns an der Diskussion der DKP beteiligen, begrüßen wir es, wenn es öffentliche Kritik an unseren Veröffentlichungen und Beschlüssen gibt. Aus unserer Sicht ist in den zentralen Fragen der kommunistischen Bewegung ein Klärungsprozess notwendig, um die Einheit der Kommunisten auf Grundlage ihrer Einigkeit herzustellen. Je stärker sich Kommunisten mit den schwerwiegendsten Streitpunkten auseinandersetzen und je aktiver sie sich in die Auseinandersetzungen einbringen und diese vorantreiben, desto besser stehen die Chancen für einen solchen Prozess.

Die Unklarheiten von Brüchen und einer Wende

Im LA bezieht der PV die Kampffelder auf grundsätzliche strategische Fragen:

„Das nächste strategische Ziel der Kommunistinnen und Kommunisten ist es, diese Offensive [des Monopolkapitals, KO] in einzelnen Bereichen zu bremsen und zu stoppen und längerfristig eine Veränderung des Kräfteverhältnisses zu Ungunsten des Monopolkapitals zu erreichen. Das meinen wir mit einer Wende zu Frieden und Abrüstung, zu demokratischem, sozialem und ökologischem Fortschritt. Dabei gehen wir davon aus, dass Fortschritte im Kapitalismus nicht dauerhaft gesichert werden können und der Kampf für die sozialistische Umwälzung weitergeführt werden muss. Mit diesem Dokument wollen wir Kampffelder bestimmen, in denen wir es für möglich halten, dass sich die Arbeiterklasse punktuell aus der Defensive befreien und die Offensive des Monopolkapitals durchkreuzen kann“

LA Z. 9ff

Die hier zugrundeliegende strategische Orientierung auf eine sogenannte Wende nimmt Bezug auf den Abschnitt „Unser Weg zum Sozialismus“ des Parteiprogramms von 2006 („Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt“) bzw. den Beschluss des 22. Parteitags („Wende zu Friedens- und Abrüstungspolitik, zu demokratischem und sozialem Fortschritt“). Wir halten diese Orientierung für falsch. Exemplarisch ließe sich dies am neuen Zusatz zeigen, dass es sich um eine Wende zu ökologischem Fortschritt handeln soll, die Kritik trifft aber grundsätzlich das Konzept der Wende.

Prinzipiell verstehen wir die Wende so, dass es sich noch nicht um eine sozialistische Revolution handelt, sondern um politische Reformen innerhalb der bestehenden Ordnung des Monopolkapitalismus, die Ausdruck eines veränderten Kräfteverhältnisses sind. Im Beschluss des 22. Parteitags heißt es beispielsweise: „Als Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt bezeichnen wir den Beginn der Durchsetzung sozialer Reformen und demokratischer Alternativen auf breiter Front durch die Arbeiterklasse und ihre Verbündeten. Er wäre auf Seiten der herrschenden Klasse mit einem Zurückweichen verbunden.“ Dabei stellen sich weitreichende Fragen: Ist die Wende notwendig und wenn ja: warum? Ist eine Veränderung des Kräfteverhältnisses zu Ungunsten des Monopolkapitals überhaupt möglich? Worin würde der demokratische, soziale oder ökologische Fortschritt bestehen, der ja – wie der LA sagt – immerhin erreicht, wenn auch nicht dauerhaft im Kapitalismus gesichert werden kann? Es ist richtig, dass Abwehrkämpfe notwendig sind. Das Konzept der Wende hilft aber nicht dabei weiter, zu verstehen, mit welcher Schlagrichtung sie geführt werden müssen, auf welche Art der Kampf der Arbeiterklasse politisch werden kann, um ein Kampf für den Sozialismus zu werden:

  • Erstens ist die Vorstellung einer solchen Wende illusorisch: je mehr sich objektive Widersprüche zuspitzen und je stärker das Klassenbewusstsein in der Arbeiterklasse wächst, desto intensiver wird der Klassenkampf geführt werden, und zwar von beiden Seiten. Tatsächlich benennt der LA, dass der Kampf auf den „erbitterten Widerstand der aus- und inländischen Monopolbourgeoisie“ stoßen und daher eine Wende „nur das Ergebnis eines ebenso erbitterten antimonopolistischen Widerstands“ sein kann (LA, Z. 606f). Es gibt aber keinen Grund anzunehmen, dass die herrschende Klasse das Mittel der Einbindung über Zugeständnisse als besser geeignet ansieht als andere Mittel, beispielsweise einen verstärkten ideologischen Kampf oder Repression.
  • Zweitens ist sie zu statisch: DKP-Programm und LA zeichnen die Wende als eine Art Zwischenplateau auf dem Weg zur Revolution – von hier aus (und nur von hier aus) lässt sich dann der nächste Schritt gehen, denn nun ist die Offensive des Monopolkapitals gestoppt, das Kräfteverhältnis hat sich sogar gegen das Monopolkapital gewendet; die Wende wird so zu einem strategischen Meilenstein. Dahinter steht eine problematische Sicht auf die Faktoren, die für die sozialistische Revolution zusammenkommen müssen: die objektiven Bedingungen (eine Krise der Herrschaft, oder wie Lenin es sagt, „wenn die „Unterschichten“ das Alte nicht mehr wollen und die „Oberschichten“ in der alten Weise nicht mehr können“, LW 31, S.71) und der subjektive Faktor (die Vorbereitung der Arbeiterklasse, der Partei und gesellschaftlicher Bündnisse). Objektive und subjektive Faktoren laufen nicht synchron: weder schlägt sich die Entwicklung des Klassenbewusstseins der Arbeiterklasse oder die Entwicklung der kommunistischen Partei direkt in einer gesamtnationalen Krise nieder, noch bewirkt eine solche Krise automatisch die Verbesserung des subjektiven Faktors. Gleichzeitig lässt sich nicht exakt vorhersagen, wie sich die objektiven Faktoren entwickeln, sie können hochdynamisch sein. Lenin bemerkt dazu: „Das Merkmal einer jeden wirklichen Revolution ist die schnelle Verzehnfachung, ja Verhundertfachung der Zahl der zum politischen Kampf fähigen Vertreter der werktätigen und ausgebeuteten Masse, die bis dahin apathisch war.“ (LW 31, S.72) Wieso bereits vor der stürmischen Entwicklung in einer revolutionären Situation weitreichende Veränderungen gegen das Monopolkapital umsetzbar sein sollen oder notwendig sind, erschließt sich uns nicht.

Der PV benennt richtigerweise im LA die Notwendigkeit der sozialistischen Revolution und der Erringung der politischen Macht. Der entsprechende Abschnitt verbleibt aber im Unklaren, wie dies nun mit den Kampffeldern und der Wende zusammenhängt:

“In dieser Situation halten wir es für notwendig, die Kampffelder genauer zu bestimmen, an denen wir Bruchpunkte in der Offensive des Monopolkapitals für möglich halten. Brüche, die wir für möglich halten, stehen noch keinesfalls für einen Hegemoniewechsel. Sie stehen für die Möglichkeit, in einzelnen Kampffeldern die durchgängige Offensive des Monopolkapitals zu behindern, zu erschweren und eventuell zu durchkreuzen. Solche Brüche können, müssen aber nicht der Beginn eines Bruchs mit der Offensive des Monopolkapitals sein, das heißt, der Beginn einer Wende zu Frieden und Abrüstung, zu demokratischem, sozialem und ökologischem Fortschritt.”

LA, Z. 141ff

Worin bestehen solche Brüche? Was wäre ein Bruch mit der Offensive des Monopolkapitals? Ein Bruch suggeriert einen signifikanten qualitativen Schritt – woran wäre dieser festzumachen? Es wäre gut, diese Fragen klar zu beantworten. Die momentane Fassung ist gewissermaßen ein Rückschritt gegenüber dem Parteiprogramm von 2006 und dem Beschluss des 22. Parteitags. In diesen wird von einem Bruch lediglich im Singular und im revolutionären Sinn gesprochen, wohingegen der Begriff hier diese Bedeutung offensichtlich verliert.

Eine weitere hilf- und zahnlose Stelle schließt sich ab Z. 263 an:

„Die Verteidigung der sozialen und demokratischen Rechte aller antimonopolistischen Klassen und Schichten gegen die Interessen der Monopole ist der entscheidende Kampf um die Demokratie unserer Epoche und Hauptinhalt aller Facetten des demokratischen und antifaschistischen Kampfes. Bestandteil dieses Kampfes ist zunehmend auch die Verteidigung demokratischer Rechte gegen ihnen entgegengesetzte Bestimmungen der EU.“

LA, Z. 263

Eine Verbindung mit dem Ziel des Sozialismus fehlt in dieser strategisch zu verstehenden Formulierung vollkommen. 

Die Unklarheit in der Bündnisfrage

Die Frage, welchen Charakter eigentlich der Staat hat, in dem solche Brüche erreicht werden können wird im LA ausgeklammert, was an sich schon problematisch ist. Ebenso problematisch ist die Behandlung der Bündnisfrage:

„Die Kräfte dieses Widerstandes setzen sich aus allen Klassen und Schichten zusammen, die im zunehmenden Widerspruch zu den Monopolinteressen stehen: Arbeiter und Angestellte, Beamte, Ingenieure und Wissenschaftler, Lehrer und Künstler, Kleinbauern, Handwerker und Gewerbetreibende; zu ihnen zählen in ihren spezifischen Ausprägungen die Auszubildenden genauso wie Schüler und Studenten. Zentrale Aufgabe der DKP ist es zu helfen, dieses Bündnis auf Grundlage der objektiven gemeinsamen Gegnerschaft zur Monopolbourgeoisie zu formieren, zu verstetigen und voranzutreiben“.

LA, Z. 609f
  • Das erste Problem besteht darin, den Grundwiderspruch zwischen Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse zugunsten der monopolistisch/antimonopolistischen Trennlinie in den Hintergrund zu rücken. Unschärfe zeigt sich dabei auch, wenn dieses Verhältnis konkret bestimmt wird: „Die DKP sieht objektiv eine wachsende Interessenidentität von Mittelschichten und Arbeiterklasse im Kampf gegen Angriffe der Monopolbourgeoisie. Dies betrifft zum Beispiel die bereits beschriebenen Bereiche der Reproduktionssphäre, also Kämpfe gegen die Enteignung öffentlichen Eigentums, Personalnotstände oder Kürzungen oder Verteuerungen kommunaler Leistungen. Diese Anknüpfungspunkte für ein antimonopolistisches Bündnis ändern nichts an dem sozialen Gegensatz zur Arbeiterklasse“ (LA, Z. 799f). Einen sozialen Gegensatz von Arbeiterklasse zu – der Mittelschicht? Was ist dann mit Mittelschicht gemeint? Die nichtmonopolistische Bourgeoisie? Es wäre verhängnisvoll zu denken, dass mit dieser derartige Kämpfe zusammen geführt werden könnten.
  • Das zweite Problem besteht darin, dass die Rolle der Sozialdemokratie überhaupt nicht benannt wird. Im Mittelpunkt der Darstellung des LA steht das antimonopolistische Bündnis, in dem die Arbeiterklasse als Hauptkraft (LA Z. 621) gesehen wird. Was ist der Zweck dieses gesellschaftlichen Bündnisses? Der PV schreibt: „Es geht darum, eine gemeinsame antimonopolistische Stoßrichtung der Kämpfe an die Stelle des Gegeneinander-Ausspielens zu setzen. Nur gemeinsam lässt sich die Offensive des Monopolkapitals durchkreuzen, lassen sich der Einfluss der Lobbyisten, die Macht der Konzerne, der Banken, der reichen Großaktionäre und der Finanzoligarchie zurückdrängen“ (LA Z. 127f) . Eine „Wende“ hin zu einer entsprechenden Politik schließt, wenn sie innerhalb des bürgerlichen Staates stattfinden soll, notwendigerweise das Bündnis mit der Sozialdemokratie ein. Wir gehen davon aus, dass aus kommunistischer Sicht der insgesamt schädliche Einfluss der Linkspartei und erst Recht der SPD auf die Arbeiterbewegung auf der Hand liegen. Sie schüren Illusionen in den Parlamentarismus, sie decken den Klassenwiderspruch zu, sie dämpfen aufkommende Kämpfe ab und lenken sie in ungefährliche Bahnen. Kurzum: sie organisieren die Desorganisation der Arbeiterklasse. Überdeutlich wird dies überall, wo sie in Regierungen sitzen, auch die Linkspartei stellt es eindrücklich in Thüringen oder Berlin zur Schau. Aber die Sozialdemokratie büßt dennoch an Integrationskraft ein. Ein gewichtiger Teil der Arbeiterklasse hat sich bereits von diesen Parteien abgewendet und sucht nach Antworten. Antworten, die eine kommunistische Partei schuldig bleibt, wenn sie nicht auch die schädliche Rolle der Sozialdemokratie und die Gefahr der parlamentarischen Einbindung klar benennt.

Die DKP muss ihre eigene Rolle in den Kämpfen kritisch hinterfragen und gleichzeitig den Stand der Kämpfe kritischer unter dem Gesichtspunkt des Klassenkampfes bewerten. Beispielsweise wird die Mieterbewegung angesprochen (LA Z. 528 – 541), deren Teil die DKP sei. In dieser Bewegung mangelt es an Klassenbewusstsein und sie ist im Griff der Sozialdemokratie. Dies müsste zuerst einmal benannt werden, um dann die Frage zu stellen, welche Interessen die Arbeiterklasse hier hat und wie dieser Kampf ein politischer wird, in dem ein Klassenbewusstsein entwickelt werden kann. Eine unkritische Aufzählung von Forderungen, die die Partei erheben kann (Verbot von Privatisierung öffentlichen Wohnraums, Vergesellschaftung privater Wohnungsbaugesellschaften, Verstärkung des sozialen Wohnungsbaus, … ), helfen nicht weiter. Die Strategie der DKP unterschätzt und überschätzt gleichzeitig die Arbeiterklasse: Sie unterschätzt sie in ihrem Potential, die führende Kraft auf dem Weg zu und in einer sozialistischen Revolution zu sein, weshalb sie selbst in der antimonopolistischen Bourgeoisie noch Bündnispartner wittert. Und sie überschätzt die Arbeiterklasse in ihrem jetzigen Stand, wenn sie nicht sieht, dass der Einfluss der Sozialdemokratie aktiv bekämpft werden muss und Wege gefunden werden müssen, in den Kämpfen einen Klassenstandpunkt zu etablieren.

Die Unklarheiten in der Imperialismusanalyse

Ein drittes großes Problem des LA besteht in der Imperialismusanalyse. Zum einen halten wir die Charakterisierung Russlands und Chinas als antiimperialistisch für falsch. Zum anderen leistet der PV der Vorstellung Vorschub, dass eine friedliche oder fortschrittliche Weiterentwicklung im Kapitalismus möglich sei. Beispielhaft zeigt sich dies in Zeile 43:

“Die VR China und die Russische Föderation sind im Wirken für friedliche Koexistenz, für die Respektierung des Völkerrechts, für Kooperation statt Konfrontation in einer multipolaren Weltordnung zusammengerückt und stellen den Dominanzanspruch des Imperialismus ökonomisch, politisch und militärisch zunehmend in Frage.”

LA, Z. 43

Wir sind uns einig mit der DKP, dass die momentanen Aggressionen vornehmlich von der NATO und insbesondere den USA ausgehen. Dies zeigt sich beispielsweise in dem militärischen Großmanöver „Defender 2020“, mit dem die NATO Stärke demonstrieren will. Russland und China sind demgegenüber militärisch in der Defensive, sowohl was den Rüstungsstand als auch was die konkrete Politik angeht. Eine Darstellung von China und Russland als Friedensmächten, die auf Kooperation setzen und „objektiv antiimperialistisch“ (diese Bezeichnung taucht allerdings nicht explizit im LA auf) wirken täuscht dennoch über den Charakter dieser Länder hinweg. Wir meinen, dass es sich um innerimperialistische Auseinandersetzungen handelt, in denen die USA versuchen, ihre Vormachtstellung verstärkt mit militärischen Mitteln zu sichern, während China darauf setzt, zunächst ökonomisch an den USA vorbeizuziehen. Diese ungleiche Entwicklung wird nur schwerlich aufzuhalten sein – aber das Mittel eines präventiven zwischenimperialistischen Krieges zur zeitweiligen Schwächung der neuen Rivalen liegt auf dem Tisch. Eine Position der Äquidistanz, die die Akteure als gleichermaßen imperialistisch und zu bekämpfen ansieht ist daher falsch, und es ist dringend notwendig, sich gegen die ideologische Mobilmachung des Westens gegen China und Russland zu stellen. Trotzdem muss eine kommunistische Partei klarstellen, dass der Imperialismus nicht friedensfähig ist. Aus dem Aufstieg Chinas und dem stärkeren Eintreten Russlands für die eigenen Interessen ergibt sich keine Perspektive einer friedlicheren Welt – genau davon spricht der LA aber, wenn er in der internationalen Entwicklung „Chancen für die Friedens- und antiimperialistischen Kräfte“ (LA Z. 81-83) sieht. China greift die globale Vormachtstellung der USA an, eine Neuaufteilung der Welt nimmt ihren Lauf und wird voraussichtlich in den nächsten Jahren eskalieren. Kommunisten müssen der Arbeiterklasse eine historisch-materialistische Analyse vermitteln: Aus der ökonomischen Entwicklung des Imperialismus geht notwendig der Krieg hervor. Der LA schafft diese Klarheit nicht.

Mit Klarheit zur Einheit – die Friedensbewegung wiederaufbauen!

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Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Nicht nur mit Blick auf die sogenannte „Münchner Sicherheitskonferenz“ müssen wir feststellen, dass sich dieser Satz heute weltweit bestätigt. Mit dem Ende der sozialistischen Staaten – insbesondere der Sowjetunion 1991 – entstand ein neues Bild auf der Weltbühne: der Imperialismus dominierte wieder und konnte beginnen, entfesselt seine Interessen durchzusetzen – nicht zuletzt in den ehemals sozialistischen Gebieten, auf die er nun wieder Zugriff hatte. Heute – knapp drei Jahrzehnte später – sehen wir eine zunehmende Destabilisierung der Beziehungen der imperialistischen Staaten untereinander. Handelskonflikte zwischen den USA, China, Russland, der EU und auch anderen schwellen auf. Auch der BREXIT symbolisiert diesen allgemeinen Konfrontations- und Abschottungskurs sowie die Zerbrechlichkeit der EU. 

Das alles ist kein Zufall. Die Konkurrenz der sich stets ungleichmäßig entwickelnden imperialistischen Länder um die Absicherung der Gewinne und des Wachstums ihrer nationalen Wirtschaft wird härter. Der globale Führungsanspruch der USA und der dominanten imperialistischen Länder Europas – allen voran Deutschlands, – ist unlängst durch andere Volkswirtschaften wie Russland und vor allem China in Frage gestellt. Der Kampf um Einflussgebiete, Absatzmärkte, Rohstoffe – kurz die stetige Neuaufteilung der Welt – gewinnt angesichts nahender wirtschaftlicher Krisen an Schärfe und wird verstärkt auch militärisch ausgetragen. In Syrien, der Ukraine oder hochaktuell im Iran stehen sich mächtige überregionale Konfliktparteien gegenüber, was die Gefahr eines verheerenden Krieges im Weltmaßstab zur realen Bedrohung macht. Dem schwindenden Einfluss in der Welt setzt die USA aktuell eine besonders aggressive Wirtschafts- und Kriegspolitik entgegen. In allen der genannten Konflikte muss die USA als Aggressor und damit Hauptkriegstreiber erkannt und benannt werden. Ein weiteres solches Bedrohungsszenario ist in den kommenden Monaten unter dem Stichwort „Defender 2020“ zu erwarten. Das größte NATO-Truppenmanöver seit über 25 Jahren soll insgesamt 37.000 Soldaten an die russische Grenze verlegen. Entscheidender Umschlagplatz für Transport und Logistik dieser Stärkedemonstration wird dabei die Bundesrepublik sein. 

Trotz solcher gemeinsamen internationalen Aktionen zeigen sich auch zunehmend Risse in den alten Bündniskonstellationen. Insbesondere der deutsche Imperialismus orientiert militärisch seit geraumer Zeit auf den Ausbau der eigenen und darüber hinaus einer europäischen Stärke. Die Debatten um eine eigenständige EU-Armee oder die zunehmende Präsenz der Bundeswehr im öffentlichen Raum sind Belege dafür. Genauso die stetige Steigerung der Rüstungsausgaben, für die man in der Forderung aus den USA über die Erhöhung des Rüstungsetats auf 2% des Bruttoinlandsproduktes einen willkommenen Stichwortgeber fand. Es heißt, Deutschland müsse mehr Verantwortung übernehmen und es ist klar, dass das Bemühen um eine unabhängige militärische Einsatzbereitschaft die Vergrößerung des eigenen Einflusses zum Ziel hat. 

Wir halten fest: Die imperialistische Auseinandersetzung wird aggressiver und drohende wirtschaftliche Krisen heizen sie zusätzlich an. Die Kräfteverhältnisse verschieben sich und traditionelle Bündnisse werden brüchig, was sich auch auf der diesjährigen „Sicherheitskonferenz“ widerspiegeln wird. Zwar sind diese Bündnisse – wie eben die NATO – auch nach wie vor von Bedeutung, aber man vertraut doch zunehmend lieber auf sich selbst. Kurzum: die Kriegsgefahr nimmt weiter zu. 

Friedensbewegung und Opportunismus 

Aber wie steht es um die Kräfte, die den Willen haben, diese Kriegsgefahr abzuwenden und der Kriegstreiberei etwas entgegenzusetzen?Wie steht es um die Friedensbewegung in Deutschland? Die Erkenntnis, dass „Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ ist – und zwar die Fortsetzung der imperialistischen Politik, die sich notwendigerweise aus der Konkurrenz der Imperialisten untereinander ergibt – scheint in großen Teilen der deutschen Friedensbewegung verloren gegangen zu sein. An ihre Stelle sind pazifistische Positionen und rein moralische Argumentationen gegen den Krieg getreten. Auch hierfür war das Ende des Sozialismus und insbesondere der DDR 1989/90 ein wichtiger Wendepunkt. Im bis heute anhaltenden Niedergang der Friedensbewegung verblasste die Orientierung, den Hauptstoß im Kampf für den Frieden gegen die NATO zu richten, die damals die sozialistischen Länder bedrohte. 

Verheerend war vor allem die inhaltliche Entwicklung der Friedenskräfte, für die im Besonderen die GRÜNEN stehen. Den moralischen Zeigefinger hebend, waren sie es in Koalition mit der SPD, die den ersten deutschen Kriegseinsatz nach 1945 durchsetzten – die Beteiligung am völkerrechtswidrigen Angriff auf Jugoslawien 1999. Hier zeigte sich ein Kniff, der seitdem viele Male erfolgreich wiederholt wurde: durch Lügen über Friedenssicherung, Terrorbekämpfung, Verhinderung von noch größerem Leid konnten sogar ehemalige Friedensaktivisten zur Befürwortung imperialistischer Kriege umgedreht werden. Die Ursache von Krieg war für sie nicht länger im imperialistischen System zu suchen, sondern lag einfach an vermeintlich unmenschlichen bösen Machthabern und Diktatoren. In gleicher Weise hatte der ideologische Einfluss der SPD auf große Teile der Gewerkschaften fatale Folgen.

Auch die Linkspartei hat sich in der Vergangenheit immer mehr von ihrem einstigen Antikriegskurs gelöst. Mit sehnsüchtigem Blick auf die Regierungsbank weichen einige Funktionäre der Partei ihre Haltung auf oder revidieren sie völlig. Hier sei Bodo Ramelow zitiert: „Ich rate meiner Partei, an der Nato-Frage diese Koalitionsmöglichkeit nicht unmöglich zu machen“ (ZEIT ONLINE: „Wir müssen ja keine begeisterten NATO-Anhänger werden“, 10.07.2016). Auch Parteiikone Gysi negierte bereits vor einigen Jahren die grundsätzliche Ablehnung der NATO. Zudem ist schon seit vielen Jahren ein zunehmender Einfluss von sogenannten „Antideutschen“ in Partei und Jugendverband bemerkbar, die wie kaum eine andere Kraft den Kriegskurs an der Seite der NATO propagieren.

Doch die Friedensbewegung ist insgesamt kaum imstande, dem Opportunismus von Grünen, SPD und Linkspartei wirklich etwas entgegenzusetzen. Es fehlt an Klarheit über den Imperialismus sowie über die Ursachen und Interessen hinter dem Krieg. Im Bündnis mit dem Kapital ist kein Frieden zu machen – gerade in der Unklarheit darüber liegt ein entscheidendes Problem. Aus der anhaltenden Schwäche der Friedensbewegung zieht man den Schluss, Inhalte und Positionen abzuschwächen, um möglichst breite Teile der Gesellschaft einzubinden. Dadurch verstärkt sich allerdings nur der Mangel an Klarheit und einer Orientierung. Die Zersplitterung der Bewegung setzt sich fort. Man strebt Bündnisse vor allem zwischen Organisationen an und bezieht letztendlich die Kräfte mit ein, die zwar vom Frieden sprechen, aber den Krieg in Wahrheit mit verantworten. 

Was ist zu tun?

Als erste und wichtigste Voraussetzung, um unsere Schwäche und Lähmung gegenüber den Kriegstreibern zu überwinden, müssen wir uns wieder einen klaren Standpunkt in der Friedensfrage erarbeiten, der sich statt auf moralischer Empörung auf Klassenbewusstsein aufbaut. So stehen wir heute vor großen zu klärenden Fragen, die allesamt Krieg und Frieden betreffen: Was heißt überhaupt Imperialismus? Handelt es sich hier lediglich um eine besonders aggressive Form der Außenpolitik oder um ein Weltsystem, das alle kapitalistischen Staaten erfasst und in dem die Beziehungen von der Konkurrenz um internationalen Einfluss geprägt sind? Von wem geht die Aggression aus, gegen wen muss sich unser Kampf richten? Wer steht uns im Kampf um den Frieden zur Seite, was bedeutet Antiimperialismus? 

Wir müssen es schaffen, die Friedensbewegung wieder aufzubauen. Das heißt vor allem Einfluss zu gewinnen und den Kampf wieder gesellschaftlich zu verankern. Nur die Arbeiterklasse und die Volksmassen werden im Stande sein, neue Kriege und ihre Vorbereitung zu verhindern. Latente Ablehnung von Krieg und Aufrüstung ist trotz der immer stärker werdenden Kriegspropaganda weit verbreitet in der deutschen Bevölkerung, aber daraus allein resultiert kein organisiertes Handeln. Wir müssen die Friedensfrage mit dem Klassenkampf verbinden. Konkret gilt es, die Bündnisfrage zu stellen: Orientieren wir auf möglichst breit angelegte, diffuse Organisationsbündnisse – bis ins Lager der Kriegstreiber hinein – oder sollten wir die eigenständige Organisierung der Klasse, also ein gesellschaftliches Bündnis vorantreiben? Unser Fokus muss darauf liegen, den Kampf für den Frieden wieder in den Massen zu verankern – in unseren Vierteln, Schulen, Betrieben, Sportvereinen und überall! Insbesondere in den Gewerkschaften, wo schon seit längerer Zeit von einstigen Antikriegspositionen Abstand genommen wird, müssen wir Druck aufbauen.

Als Kommunistische Organisation wollen wir unseren Beitrag zum Wiederaufbau der Kommunistischen Partei in Deutschland leisten. Nur eine solche Partei ist in der Lage, der Arbeiter- und Friedensbewegung eine Perspektive zu geben, um sie aufzubauen und zu stärken. Für all dies braucht es jedoch Klarheit. Deshalb organisieren wir bundesweit einen kommunistischen Klärungsprozess. Wir rufen auf, sich daran zu beteiligen, Erfahrungen einzubringen und mitzudiskutieren! Nähere Infos und Einblicke in die bisherige Arbeit unter: wiki.kommunistisch.org 

Kampf dem imperialistischen Kriege! Deutschland raus aus der NATO – NATO raus aus Deutschland! Mit Klarheit zur Einheit!

Luxemburg-Liebknecht-Lenin-Wochenende 2020

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Dossier: Gesammelte Texte zum Luxemburg-Liebknecht-Lenin-Gedenken 2020

Hier veröffentlichen wir unseren Bericht und weitere Texte vom diesjährigen Gedenk-Wochenende, 101 Jahre nach der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht und 150 Jahre nach dem Geburtstag Lenins.

Hier findet ihr die einzelnen Beiträge:

LLL-Referat: Zur Lage der kommunistischen Bewegung nach der Konterrevolution

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Dieses Referat der KO wurde auf der LLL-Veranstaltung zum Thema „30 Jahre Konterrevolution – Bilanz und Ausblick“ am 11. Januar 2020 gehalten.

Der Text als pdf

Liebe Genossinnen und Genossen,

Wie hat sich die Konterrevolution auf die kommunistische Weltbewegung ausgewirkt? Und was ist unsere Sicht als KO darauf und was denken wir, was jetzt zu tun ist?

In der kommunistischen Weltbewegung kam es nach der Auflösung der kommunistischen Internationale zu mehreren Spaltungen.

Die erste tiefe Spaltung erfolgte in den 50er Jahren zwischen der KPdSU und den meisten Kpen einerseits und der KP Chinas sowie der Partei der ARbeit Albaniens andrerseits, die nach und nach zu einer feindlichen Stellung gegen die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Länder übergingen. Diese Spaltung hatte Auswirkungen in fast allen Ländern und hält bis heute an.

Eine weitere Spaltung, die ebenfalls verheerende Folgen hatte, war die Entstehung des sogenannten „Eurokommunismus“ in den 70er Jahren. Einige große kommunistische Parteien wandten sich in den folgenden Jahren vom Marxismus und der Solidarität mit den sozialistischen Staaten ab. Die dort entwickelten opportunistischen Positionen existieren bis heute unter anderem in den Parteien der Europäischen Linkspartei, die zur Spaltung der kommunistischen Bewegung beiträgt.

Den größten Einschnitt in die internationale kommunistische Bewegung markierte jedoch unzweifelhaft die Konterrevolution 1989/91.

Die meisten kommunistischen Parteien verloren innerhalb kürzester Zeit einen Großteil ihrer Mitglieder, ihrer Verankerung, ihrer Infrastruktur. In Deutschland waren es nur wenige Tausend, die sich nach 1990 noch in der DKP und KPD organisierten.

Diejenigen, die blieben, weigerten sich, an das sogenannte „Ende der Geschichte“ zu glauben und standen nun vor einer gewaltigen Aufgabe. Sie mussten in einer Atmosphäre der totalen Demoralisierung den unkontrollierten Zerfall, in dem sich die kommunistische Bewegung nun befand, aufhalten und die Wende zum Wiederaufbau einleiten.

Aber zunächst waren oft Einflüsse dominant, die keineswegs eine marxistisch-leninistische Erneuerung der Parteien anstrebten, sondern eine Eingliederung in das Spektrum der Sozialdemokratie, als „roter Splitter einer bunten Bewegung“.

Die kommunistische Weltbewegung begann sich jedoch schon einige Jahre nach der Konterrevolution zu reorganisieren und erste kleine Schritte zur Überwindung ihrer tiefen Krise zu gehen. Von unschätzbarem Gewicht ist dabei das Verdienst, dass der Kommunistischen Partei Griechenlands zukommt.

Die KKE war selbst dabei, einen Klärungsprozess zu durchlaufen, in dem sie die opportunistischen Einflüsse ihrer Vergangenheit immer mehr überwand. 1998 berief die KKE zum ersten Mal seit der Konterrevolution ein Internationales Treffen der Kommunistischen und Arbeiterparteien ein. Seitdem hat es jedes Jahr ein solches Treffen gegeben.

Auf den internationalen Treffen wurden auch die teilweise grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten deutlich. Im Zentrum stand und steht die Frage der Strategie der Kommunistischen Partei und die Frage, ob es eine Kommunistische Internationale braucht.

Diejenigen Parteien, die davon überzeugt sind, dass es eine internationale Koordinierung und Klärung braucht, haben die seit 2009 erscheinende internationale Kommunistische Rundschau und die Initiative der Kommunistischen und Arbeiterparteien gegründet.

Wo steht also heute die kommunistische Weltbewegung? Wir können feststellen, dass der akute Schockzustand, der nach dem Sieg der Konterrevolution eintrat, überwunden ist.

Einige Parteien wie die KKE und die Kommunistische Partei der Türkei (TKP) haben es geschafft, den Niedergang zu stoppen und in ihrem Land erneut eine kraftvolle revolutionäre Arbeiterbewegung aufzubauen.

In anderen Ländern wurden neue kommunistische Parteien gegründet und konnten sich erfolgreich stärken und in der Arbeiterklasse verankern, so z.B. die Partito Comunista (PC) in Italien und die Kommunistische Partei Mexikos (PCM). All diese Parteien sind deshalb erfolgreich,

– weil sie erstens entgegen aller Aufforderungen, ihre Weltanschauung zu „modernisieren“, am wissenschaftlichen Sozialismus festhalten,

– weil sie zweitens einen zum Teil jahrelangen Klärungsprozess in Bezug auf die Strategie und die eigene Geschichte eingeleitet haben, der die Voraussetzung für ihr Erstarken war

– weil sie drittens in den Klassenkämpfen konsequent für die Interessen der Arbeiterklasse einstehen,

– weil sie es viertens schafften, auf Grundlage der Leninschen Parteitheorie schlagkräftige Kampfparteien aufzubauen.

Wir werten diese Entwicklung als Zeichen dafür, dass eine positive Veränderung, dass Schritte nach vorne möglich sind. Die Möglichkeit, die Krise der kommunistischen Parteien zu überwinden, ist real. Damit wird noch nicht die Krise der Arbeiterbewegung überwunden. Aber die wichtigste Voraussetzung dafür wird geschaffen.

Als Teil dieser Bewegung, die versucht, die Lehren aus der Niederlage des Kommunismus im 20. Jahrhundert zu ziehen, hat sich auch die Kommunistische Organisation in Deutschland gegründet.

Ihre Gründung war die Schlussfolgerung aus unserer Analyse, dass die Organisierung eines Klärungsprozesses innerhalb der bestehenden Organisationen nicht möglich ist.

Wir können feststellen, dass dieser Schritt bei allen Problemen und Herausforderungen richtig war. Wir haben mit dem Bolschewiki und den Arbeitsgruppen eine Struktur entwickelt, mit der wir an der Klärung der brennenden Fragen arbeiten.

Wir wollen an dieser Stelle betonen, dass wir zu den Organisationen aus denen wir zum Teil ausgetreten sind, DKP und SDAJ, ein konstruktives Verhältnis anstreben.

Seit unserem Austritt haben wir zur KPD freundschaftliche Beziehungen entwickelt und gemeinsam an Themen gearbeitet, unter anderem zum Revisionismus und Niederlagenanalyse. Uns eint der klare Bezug auf DDR und Sowjetunion und der Kampf gegen Revisionismus und Anti-Stalinismus.

Wir wollen, dass es ein gemeinsamer Klärungsprozess aller Kommunisten wird, eine gemeinsame, gerne auch kontroverse Diskussion und inhaltliche Arbeit.

Wir sind fest davon überzeugt, dass trotz der langen Phase der Niederlage und der heftigen ideologischen Angriffe der Bourgeoisie die Arbeiterklasse in Deutschland großes Potential hat.

Die Arbeiterklasse steht im Zentrum unserer Bemühungen, ideologische Klarheit und organisatorische Stärke zu entfalten. Es geht um die vielen Arbeiterinnen und Arbeiter, für die es existenziell wichtig ist, Antworten auf die brennenden Fragen zu finden und sich für den Klassenkampf zu organisieren.

Also vorwärts zur Klärung und zu einer starken kommunistischen Partei. Macht mit, bringt euch ein. Lasst uns die Reihen enger schließen, Aufgaben und Verantwortung auf alle Schultern verteilen und Schritt für Schritt mit klarem Blick voranschreiten.

Denn Geschichte wird gemacht – organisiert zur Revolution!