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Diese Parteien machen keine Zukunft für uns!

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Am 28. Oktober findet in Hessen die Landtagswahl statt. Die Wahlkampfslogans der meisten Parteien sind absolut nichtssagend und man könnte sie beliebig unter diesen Parteien austauschen: „Zukunft jetzt gestalten“ (SPD), „Mehr für die Mehrheit“ (Linke), „Die nächste Stufe Hessen“ (FDP), „Vernunft gestaltet geiler“ (Grüne), „Damit Hessen stark bleibt“ (CDU). Insgesamt treten 27 Parteien an. Aber egal ob CDU, Grüne, Linke, SPD oder AfD: Keine dieser Parteien bietet eine Perspektive für Arbeiter, Angestellte, kleine Selbstständige, Arbeitslose und Rentner.

Nur der Schein einer Wahl!

Wahlen gelten als zentrales Element „unserer Demokratie“. Doch was steht hier zur Wahl? Wir dürfen alle paar Jahre darüber abstimmen, welche Parteien als Regierung auf Landes- oder Bundesebene das kapitalistische System verwalten. Dieses System basiert aber darauf, dass nicht diejenigen den gesamten gesellschaftlichen Reichtum bekommen, die ihn auch erwirtschaften. Mit unserer Arbeitskraft erschaffen wir jedes Gebäude, jede Dienstleistung, jede Ware. Davon bekommen wir aber nur einen kleinen Teil. Die Frage, wer den gesellschaftlich produzierten Reichtum bekommt, steht bei solchen Wahlen allerdings nicht zur Debatte. Den Großteil werden sich weiter die Besitzer der Unternehmen unter den Nagel reißen – egal welche Partei die Regierung bilden wird. Wir sollen bei der Landtagswahl nur darüber abstimmen, welche Parteien unsere Ausbeutung in Zukunft verwalten soll. Wahlen im Kapitalismus dienen hauptsächlich dazu, uns den Anschein zu vermitteln, das Volk würde hier das Sagen haben. Einen Ausweg aus dem kapitalistischen System der Ausbeutung und Unterdrückung, das für Millionen von Menschen ständige relative Unsicherheit, Stress, Leistungsdruck, Armut und Perspektivlosigkeit bedeutet, bieten diese Wahlen nicht. Währenddessen lachen sich die Besitzer der Unternehmen ins Fäustchen und bereichern sich weiter auf unsere Kosten. Das ist nicht „unsere Demokratie“, sondern die Herrschaft der Kapitalistenklasse. Ob Bouffier, ob Schäfer-Gümbel, ganz egal – auch in Hessen herrscht das Kapital.

Volksabstimmungen – direkte Demokratie in Hessen?

Aber dieses Jahr scheint es in Hessen ganz besonders „demokratisch“ zuzugehen. Neben der neuen Landesregierung dürfen wir nämlich in Volksabstimmungen auch noch über einige Änderungen an der hessischen Verfassung abstimmen. So zum Beispiel über die Aufhebung der Todesstrafe, die noch immer in der hessischen Verfassung steht. Diese findet aber sowieso keine Anwendung, da sie laut Grundgesetz verboten ist. Die Abstimmungen über einige nicht wirklich bedeutsame Verfassungsänderungen dienen lediglich dazu, der Fassade des herrschenden Systems einen weiteren demokratischen Anstrich zu verpassen.

Viele Parteien, ein Klasseninteresse

Es entstehen immer wieder neue Parteien, die den Eindruck erwecken, als gehe es mal gegen die Elite oder man könne der herrschenden Politik mal einen Denkzettel verpassen. Vor allem CDU und SPD wechseln sich in der Regierungsbildung ab und versuchen sich in der vorübergehenden Opposition wieder als ganz andere, wirklich dem Interesse der Bevölkerung dienenden Parteien zu präsentieren. Aber dennoch setzen sie am Ende das Klasseninteresse der Kapitalisten durch.

Folgende Beispiele zeigen, dass keine der großen Parteien, die bei der Wahl in Hessen antreten, ernsthaft die Interessen der Arbeiter vertritt:

Das Aushängeschild der hessischen CDU, Ministerpräsident Volker Bouffier hat sein Bestes gegeben, um die Aufdeckung der Verstrickung von Staat und Nazis auch in Hessen zu verhindern. Er hat damals als Innenminister dafür gesorgt, dass die Verbindungspersonen, für die der Verfassungsschutzmitarbeiter Andreas Temme zuständig war, nicht bekannt gegeben werden. Temme selbst war in der Behörde als Nazi bekannt und wurde „Klein-Adolf“ genannt. Er war in dem Internet-Café in Kassel anwesend, als dort Halit Yozgat erschossen wurde und hatte kurz vorher mit einem seiner V-Leute telefoniert. Bouffier und die hessische Staatskanzlei sind Teil des Apparats, der den NSU deckt und schützt. Die hessische CDU ist eine rechte Partei, deren frühere Vorsitzende wie Alfred Dregger und Roland Koch enge Verbindungen zu faschistischen Kräften hatten. Zahlreiche wichtige AfD-Politiker, wie Alexander Gauland und Martin Hohmann kommen aus der Hessen-CDU, Leute ihres Schlags sind weiter in der Partei in hohen Funktionen, wie Hans-Jürgen Irmer.

Die AfD ist in Hessen eng mit den „Identitären“ und anderen Neonazi-Strukturen verbunden. Einige AfD-Politiker stehen den „Reichsbürgern“ nahe, zahlreiche haben enge Verbindungen zum „Institut für Staatspolitik“ des Faschisten Kubitschek in Thüringen.

Die Grünen haben bei der Landtagswahl in Bayern vor Kurzem einen großen Wahlerfolg gefeiert. Für die Arbeiterklasse ist das aber kein Grund zum Feiern. Gelungen ist ihnen das nämlich, weil sie erfolgreich die Illusion verbreitet haben, dass es einen Kapitalismus im Interesse der Mehrheit der Menschen geben könne. Sie propagieren eine ökologische Nachhaltigkeit und ein friedliches Europa, sie reden von Toleranz und Freiheit. Dies sind und bleiben aber nur Phrasen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Flüchtlingspolitik: Die hessischen Grünen präsentieren sich in der Öffentlichkeit gerne als antirassistische Partei. Als Teil der schwarz-grünen Landesregierung haben sie in Hessen allerdings Geflüchtete abgeschoben, wie alle anderen Parteien vor ihnen. Mit oder ohne Grüne an der Regierung – die Kinderarmut steigt in Hessen nach wie vor. Mittlerweile muss hier jedes siebte Kind von Hartz IV leben.

Mit der Linkspartei verhält es sich ganz ähnlich wie mit den Grünen. Zwar waren sie in Hessen bisher noch an keiner Regierung beteiligt, haben aber dort wo sie an Landesregierungen beteiligt war, nämlich in Thüringen, Brandenburg und Berlin, bewiesen, dass sie keine Politik im Interesse „des kleinen Mannes“ machen. Stattdessen wurden Banken mit Steuergeldern gerettet und tausende Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen. Die Linkspartei hofft darauf, das kapitalistische System in einer rot-rot-grünen Koalition endlich auch in Hessen mitverwalten zu dürfen. Eine positive Perspektive hat sich die Mehrheit der Bevölkerung aber ganz sicher nicht davon zu versprechen.

Die SPD war in Hessen zuletzt von 1991 bis 1999 an der Regierung und versucht nun, mit dem Thema Wohnungsnot zu punkten und sich als soziale Partei zu profilieren. Sie ist allerdings in den größten Städten in Hessen an der Regierung – in Frankfurt, Wiesbaden, Kassel und Offenbach. Überall dort, besonders in Frankfurt, aber auch in Hanau sorgt sie dafür, dass viele teure Wohnungen gebaut werden und setzt alle Investoren-Interessen treu um.

Die Wohnungsnot kann im Kapitalismus nicht gelöst werden, es müssen der Bau und die Nutzung der Wohnungen notwendig dem Profitinteresse untergeordnet werden. SPD, Grüne und die anderen Parteien schüren aber Illusionen: Sie behaupten, wenn sie an die Regierung kommen würden, könnten sie das ändern. Gleichzeitig tragen sie selbst zum Steigen der Mieten und zur Stagnation der Löhne massiv bei.

Ein Blick in die Gegenwart und Vergangenheit der Parteien zeigt: Sie machen keine Zukunft für uns, sondern sichern die Durchsetzung der Interessen der Banken und Konzerne ab.

Aus Angst vor der AfD nicht das kleinere Übel wählen!

Viele Parteien versuchen von der Angst von Teilen der Bevölkerung vor der AfD zu profitieren. Doch auch, wenn die AfD natürlich keinerlei Alternative im Interesse der Arbeiterklasse und der Volksschichten ist, haben die übrigen bürgerlichen Parteien diese ebenso wenig zu bieten. Parolen wie „Geh wählen, aber Hauptsache nicht die AfD“ bedeuten im Kern, Wahlwerbung für Parteien wie SPD und Grüne zu machen. Das spielt der AfD aber letztendlich in die Hände, denn diese Parteien haben in den letzten Jahren massive Angriffe auf unsere Renten, Löhne und das Arbeitslosengeld durchgeführt – als Beispiel sei hier nur die Agenda 2010 genannt. Und das wird sich in Zukunft, trotz allen Wahlkampfversprechen auch nicht ändern. Das kleinere Übel wählen heißt, auf die Selbstorganisation für den Kampf für unsere Interessen und gegen die Besitzer der Unternehmen, zu verzichten.

Für eine echte Alternative – für den gemeinsamen Kampf für unsere Interessen!

Leider tritt bei der hessischen Landtagswahl keine klassenkämpferische Partei an. Aktuell gibt es in Deutschland keine Partei, die konsequent an der klassenorientierten Organisierung der Arbeiter und der werktätigen Bevölkerung arbeitet mit dem Ziel, die Herrschaft des Kapitals zu beenden und eine Gesellschaft aufzubauen, in der sich nicht die wenigen Besitzer der Unternehmen an der Arbeit der Vielen bereichern, sondern der gesellschaftlich produzierte Reichtum gesellschaftlich geplant und genutzt wird. Eine solche Partei würde nicht zur Wahl antreten mit dem Ziel, zu regieren und damit die Ausbeutung zu verwalten. Eine solche Partei würde zur Wahl antreten, um die volksfeindliche Politik der andere Parteien anzuprangern und den Parlamentarismus als Instrument zur Durchsetzung der Herrschaft des Kapitals zu entlarven.

Alter Wein in neuen Schläuchen – Zur Landtagswahl in Bayern

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Die bayerische Landtagswahl steht bevor, aufgestellt sind 18 Parteien – aber keine Partei für die Arbeiterklasse. Es wird eine weitere Wahl, bei der die Menschen geblendet werden sollen von den oberflächlichen Unterschieden der Parteien. Aber all diese Parteien, egal ob Linkspartei, Grüne, CSU, Freie Wähler, AfD oder SPD, haben den Arbeiterinnen und Arbeitern, den bayerischen Bauern, den Angestellten, den Arbeitslosen keine Perspektive anzubieten. Sie haben keinen Ausweg aus dem kapitalistischen System der Ausbeutung und Unterdrückung aufzuzeigen, das für Millionen Menschen ein Leben in ständiger Unsicherheit, in Armut, in Perspektivlosigkeit und oft einen viel zu frühen Tod, für Millionen weiterer Menschen ständige relative Unsicherheit, Stress, Leistungsdruck und Angst bedeuten. Dieser Ausweg kann nur in dem Bruch mit den bestehenden Eigentums- und Herrschaftsverhältnissen bestehen, im Sturz des Kapitalismus, im Aufbau einer anderen Gesellschaft, in der die Produktionsmittel vergesellschaftet werden und ihre geplante Entwicklung mit dem Ziel vorangetrieben wird, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Diese Gesellschaft ist der Sozialismus.

Das Wahlergebnis in Bayern wird die politische Krise widerspiegeln, welche ganz Deutschland ergriffen hat. Das Vertrauen in die einstigen Volksparteien SPD und CDU/CSU sinkt und es hat eine Verschiebung in den Stimmverhältnissen eingesetzt, weil viele Menschen ihre Hoffnungen in andere Parteien setzen, die die bestehende Unzufriedenheit aufgreifen. In Bayern sind es vor allem die Grünen und die AfD, die davon profitieren, aber auch sie haben, ebenso wie die regierende CSU, nur Schein-Lösungen im Gepäck, und stabilisieren eben so die Verhältnisse, die sie vorgeben anzugreifen.

Weder die Grünen…

Die Grünen verbreiten vor allem Illusionen darüber, was der Kapitalismus ist und was in ihm möglich ist. Sie propagieren eine ökologische Nachhaltigkeit und ein friedliches Europa, sie reden von Toleranz und Freiheit. Dies sind und bleiben aber Phrasen, die schön klingen und doch allerhöchstens in einer Politik münden, die reale Probleme vielleicht verzögert, diese aber nicht behebt. Sie stiften damit Verwirrung bei vielen Menschen, die sich der ökologischen Krise, den imperialistischen Kriegen und der Verrohung und Vereinzelung entgegenstellen wollen. Die Grünen versprechen etwas, was es nicht geben kann: einen Kapitalismus im Interesse der Mehrheit der Menschen. Der Kapitalismus ist aber mit der ökonomischen und politischen Herrschaft der besitzenden Minderheit verbunden und allein ihre Interessen sind es, die mit allen Mitteln verteidigt werden.

…noch die AfD

Die AfD ist eine Partei mit einer objektiv volksfeindlichen Politik, ihr Erstarken ist der Ausdruck eines niedrigen Klassenbewusstseins. Ihr Programm richtet sich gegen die arbeitende Bevölkerung und steht im Interesse der besitzenden Klasse, im Interesse des Kapitals, aber sie inszeniert sich als Partei des kleinen Mannes. Ihr Programm zielt auf eine störungsfreie Bewegung des Kapitals, auf eine Aufrüstung im Innern, auf eine Verschärfung der Asylpolitik im landespolitischen Maßstab, auf eine Entsolidarisierung unter denjenigen, die von den Gewalttaten des Kapitals am stärksten betroffen sind. Sie fordert die Abschaffung der Erbschaftssteuer – davon profitieren vor allem die Reichen. Sie will ein schuldenfreies Bayern ab 2028 – bezahlen wird dies die Masse der arbeitenden Bevölkerung. Sie fordert die Stärkung der bayerischen Justiz und Polizei – ihre Urteile und ihre Waffen werden aber das Leben der Menschen nicht verbessern, sondern sich gegen sie richten, sobald sie es wagen, für ihr Leben zu kämpfen. Und trotzdem: es ist falsch, sich bei dieser Wahl auf die AfD als Gegner zu fokussieren. Die AfD ist nicht nur ein Akteur, sie ist auch ein Ausdruck der gesellschaftlichen Verhältnisse, und es sind eben diese Verhältnisse, die von den anderen Parteien aufrechterhalten werden. Nicht nur von den Grünen, der SPD, der Unionsparteien, sondern auch von der Linkspartei, die dies überall dort wo sie konnte schon unter Beweis gestellt hat, momentan in Thüringen, Berlin und Brandenburg. Unser Ziel ist darum auch nicht der Kampf gegen die AfD alleine, unser Ziel ist die Überwindung der kapitalistischen Ordnung, welche die AfD hervorbringt. Und all denjenigen, die enttäuscht wurden von den leeren Versprechen des Kapitalismus sagen wir: Lasst euch nicht täuschen von den nächsten leeren Versprechen, die nur in neuem Gewand daherkommen.

Die Politik der CSU

Die AfD sagt, sie seien die konsequenten Vollstrecker der Versprechen der CSU. In der Tat kommen die rechten Hardlinertendenzen in der CSU immer offener zum Vorschein. Sie sind nicht neu, aber sie sind neu erstarkt im Angesicht der gesellschaftlichen Krisenerscheinungen. Die CSU tritt vermehrt auf als Schrittmacherin für eine Verschärfung der bundesweiten Migrationspolitik, als Architektin der neuen Polizeigesetzgebung der Bundesländer, als Stichwortgeberin für soziale und rassistische Hetze. Mit dem Verkauf von 32.000 landeseigenen Wohnungen der Wohnungsgesellschaft GBW an den Immobilienkonzern Patrizia hat der damalige Finanzminister und heutige Ministerpräsident Markus Söder schon 2013 klar gezeigt, dass er auf Seiten des Kapitals steht. Die CSU hat ihre massenfeindliche Ausrichtung bestätigt, als sie das Polizeiaufgabengesetz als neuen Pflock einschlug, um die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Herrschaft auch unter steigendem Druck und sich verschärfenden Widersprüchen sicherstellen zu können. Es gibt keine Entschuldigung, weiter Erwartungen und Hoffnungen in diese Partei zu legen.

Die Landtagswahl wird die politischen Kräfteverhältnisse im Freistaat widerspiegeln. Für die Arbeiterklasse sieht es dementsprechend düster aus, denn keine der teilnehmenden Parteien tritt an, um mit der Stimme der Arbeiterklasse zu sprechen und das Parlament als eine Tribüne des Kampfes gegen das Kapital zu nutzen. Dieser Kampf wird aber trotzdem täglich abseits des Parlaments geführt und die Wahlen sind ein Thermometer dieses Kampfes, den die Arbeiterklasse nur erfolgreich führen kann, wenn sie ihn bewusst, organisiert und mit einem klaren Ziel vor Augen angeht: der sozialistischen Revolution.

100 Jahre Novemberrevolution

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Berlin | Köln | Frankfurt | Jena | Stuttgart | München

November 1918: Soldaten der Marine verweigern den Befehl, stürmen zusammen mit Arbeitern die Kaserne in Kiel und markieren so den Beginn der Novemberrevolution in Deutschland. In Windeseile strömen Arbeiter und Soldaten ins Land, überall gründen sich Arbeiter- und Soldatenräte. Am 09. November ruft Karl Liebknecht in Berlin die Sozialistische Republik Deutschland aus. Die unterdrückten Massen ergreifen das Zepter des Handelns und das morsche Kaiserreich bricht zusammen.

Das, was viele heute für unmöglich halten und manche heute lieber vergessen machen wollen, wurde im November 1918 Realität: Die deutschen Arbeiter machten Revolution und stellten die Machtfrage.

Die Novemberrevolution brachte viele Errungenschaften. Aber dennoch gelang es der Arbeiterklasse nicht, eine sozialistische Revolution durchzusetzen – die Revolution wurde verraten und in Blut erstickt. Die Führung der SPD und der Gewerkschaften arbeitete eng mit den Kapitalisten zusammen und sicherten deren Macht: Sie schickten Paramilitärs gegen die Arbeiter und ließen ihre wichtigsten Führer, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, ermorden.

Die SPD setzte alles daran, zu verhindern, dass die Räte zu wirklichen Machtorganen der Arbeiter und Soldaten werden konnten. Schließlich setzte die SPD im Bündnis mit den alten Mächten die Zerschlagung der Räte und die Errichtung eines bürgerlichen Parlaments durch. Viele Arbeiter hatten falsche Hoffnungen in die bürgerliche Republik, sie erkannten den Gegner nicht klar genug und wussten daher nicht, wie sie ihren Interessen zur vollen Durchsetzung verhelfen konnten. Die Täuschung und Desorientierung der Arbeiter selbst war das Werk der SPD und der falschen sozialdemokratischen Vorstellungen, die innerhalb der Arbeiterklasse immer stärker geworden waren.

Die revolutionären, klassenbewussten Arbeiter waren noch zu schlecht organisiert um dem genug entgegen zu setzen. Die Kommunistische Partei Deutschlands wurde erst nach Beginn der Novemberrevolution und
mitten in den revolutionären Kämpfen gegründet. Sie konnte noch nicht die führende Rolle einnehmen, sie konnte die revolutionäre Einheit der Arbeiterklasse noch nicht in ausreichendem Maße organisieren. Die Arbeiter konnten die Machtfrage noch nicht zu ihren Gunsten entscheiden.

In dem Seminar wollen wir gemeinsam die Ereignisse der Novemberrevolution verstehen und welche Lehren wir für heute daraus ziehen müssen. Das Seminar ist für Einsteiger geeignet, Vorkenntnisse sind nicht notwendig. Danach wollen wir einen Ort der Novemberrevolution in unserer Stadt besuchen und damit die Bedeutung der damaligen Kämpfe für unsere heutigen Kämpfe hervorheben.

Ein großes Ablenkungsmanöver

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Hans-Georg Maaßen, Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, muss nach anhaltender Kritik seinen Posten räumen – doch keineswegs seine Karriere beenden. Er darf in Zukunft als zwar nicht als Staatssekretär, jedoch als Sonderberater im Innenministerium weiterhin die Interessen des Kapitals schützen.

Nach dem Totschlag eines Deutsch-Kubaners in Chemnitz vor wenigen Wochen nutzten Faschisten die Gelegenheit, die Wut, Trauer und Angst vieler Menschen in Chemnitz für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Sowohl die AfD als auch Kameradschaften und andere organisierte Faschisten veranstalteten Demonstrationen, Kundgebungen und Hetzjagden auf Migranten. Letztere hatte Maaßen in Zweifel gezogen, indem er die Echtheit der Videomaterialien öffentlich anzweifelte. Es hagelte Kritik vonseiten der SPD, Grünen, Linkspartei, FDP und auch Teilen der CDU – denn Kanzlerin Merkel hatte sich als aufrechte Demokratin dargestellt und öffentlich verurteilt, dass es zu Hetzjagden in Chemnitz gekommen war. Selbstverständlich war nichts Aufrechtes an dieser Aussage – es entsprach schlicht der Taktik, die „Demokratie“ dem gefährlichen „Mob“ gegenüber zustellen und so die aktuellen Verhältnisse aufrechtzuerhalten.

Die AfD unterstützte Maaßens Aussagen – nicht verwunderlich in Anbetracht der daraufhin veröffentlichten Infos über Maaßens Aktivitäten: Neben Gesprächen mit Vertretern der AfD über die Möglichkeiten zur Vermeidung der Beobachtung durch den Verfassungsschutz (VS)– wie zuletzt von einigen Parteien gefordert – führte Maaßen mit ihnen auch Gespräche über den bis dahin noch unveröffentlichten Verfassungsschutz-Bericht und vermutlich auch über das angestrebte Budget des VS im nächsten Jahr (Tagesschau, 13.09.2018). Doch nicht nur der AfD hatte Maaßen seine besondere Unterstützung zukommen lassen. Selbst verstorbene Nazi-Größen konnten sich auf ihn verlassen: Laut der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) vom 13.09.2018 hat Maaßen die Herausgabe von Akten über den mittlerweile verstorbenen SS-Hauptsturmführers Alois Brunner an einen Redakteur der BILD-Zeitung verhindert. Alois Brunner war, obwohl einer der meist gesuchtesten NS-Kriegsverbrecher, zu Lebzeiten nicht in Deutschland verurteilt worden und es gibt Hinweise, dass er immer wieder von deutschen Geheimdiensten geschützt worden war (HAZ, 13.09.2018).

Staat und Faschisten Hand in Hand

Der Fall Maaßen bringt nur das ans Licht, was schon lange gang und gäbe ist und im Kapitalismus sein muss: Die Verflechtung zwischen bürgerlichem Staat und Faschisten ist nicht ein Zufallsprodukt, welches höchstens auf den untersten Ebenen der staatlichen Behörden zu finden wäre: Nein, die Verflechtung ist gerade auf den obersten Ebenen stark und von den Herrschenden allgemein gewünscht. Das Bundesamt für Verfassungsschutz wurde, wie der Außengeheimdienst BND (Bundesnachrichtendienst) nach dem Zweiten Weltkrieg unter der Aufsicht der Alliierten von Faschisten der ehemaligen Gestapo (Geheime Staatspolizei) und der NSDAP aufgebaut. Auch der Aufbau von faschistischen Terrorgruppen wie der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) durch den Verfassungsschutz ist keineswegs Zufall, sondern Programm. Bereits nach dem Zweiten Weltkrieg bauten mehrere NATO-Staaten sogenannte „Stay Behind“-Organisationen auf, die dem Zweck dienen sollten, durch Terror die Arbeiterbewegung zu schwächen und auch den Abbau von bürgerlichen Rechten durch den Staat zu legitimieren. In Deutschland steht der NSU in einer Tradition mit dem Bund Deutscher Jugend in den 50er Jahren und der Wehrsportgruppe Hoffmann in den 70er Jahren.

Denn dieser Staat ist der Staat des Kapitals. Er vertritt die Interessen der Kapitalisten unabhängig davon, welche Form er hat: Während des Faschismus in Deutschland hatte der Staat die Form einer offenen terroristischen Diktatur, in der Weimarer Republik und seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat er die Form einer parlamentarischen Demokratie. Um die Interessen der Kapitalisten zu schützen braucht der Staat Organe zur Verteidigung: Polizei, Militär und Geheimdienste ebenso wie faschistische Terrorgruppen, die scheinbar unabhängig vom Staat und scheinbar gegen ihn durch Terror Angst in der Bevölkerung verbreiten. Organisierte Faschisten wie der NSU und Bewegungen und Parteien, die in Zukunft für eine faschistische Massenbasis sorgen könnten, wie Pegida und die AfD sind ein gutes Mittel um einerseits den Glauben an einen „guten“, an einen „gerechten“ Staat zu nähren und aufrechtzuerhalten, und andererseits das Protestpotential im Volk und insbesondere der Arbeiterklasse zu entschärfen und zu kanalisieren, sie durch Angst und Terror davon abzuhalten, für ihre eigenen Interessen einzustehen und sie stattdessen gegeneinander aufzuwiegeln.

Heuchelei und Augenwischerei

Genau deshalb ist die vorgebrachte Kritik von SPD, Grünen, FDP und Linkspartei nichts mehr als Heuchelei um den angekratzten Ruf vom „gerechten Staat“ wieder aufzupolieren. Die SPD selbst hat immer wieder bewiesen, dass der Zusammenhang Staat-Faschisten nicht von der jeweiligen Regierung abhängt, sondern dem reaktionären Wesen des Staates entspricht: Der NSU konnte unter der Rot-Grünen-Regierung genauso unbehelligt Menschen ermorden wie in den Folgejahren. Bereits 1933 hatte die SPD gezeigt, dass sie eher die Faschisten mit Hitler an der Regierung dulden wird, als den Staat als solchen durch einen politischen Massenstreik in Gefahr zu bringen. Mit dem Fall Maaßen zeigt die SPD nun ihren völligen politischen Bankrott. Sie fordert seine Absetzung mit der Behauptung, er sei „untragbar“ in einer Demokratie. Dann akzeptiert sie seine Beförderung zum Staatssekretär im Innenministerium mit sogar erhöhtem Einkommen und weitreichenden Befugnissen. Die Aufregung über den Kompromiss war groß an der Wählerbasis der SPD und veranlasste die Parteiführung, noch einmal zurückzurudern. Das der nun endgültig gefundene Kompromiss nahezu keinen Unterschied macht, aber dazu dient, der Wählerbasis zu vermitteln, dass „man es doch versucht hätte“, entblößt den gesamten heuchlerischen Charakter der SPD.

Die Forderung der Partei Die Linke (PdL) nach Abschaffung des VS ist dem Worte nach radikal, in der Praxis entpuppt es sich als reine Augenwischerei. Wer erkannt hat, dass der bürgerliche Staat auf Polizei, Militär und Geheimdienst nicht verzichten kann, der weiß auch, dass eine solche Forderung trotz des radikalen Tons keine Konsequenzen haben kann. Die Arbeiterklasse wird desorientiert in dem sie ihre Wut nicht auf die Kapitalisten und ihren Staat richtet, sondern passiv bleibt und nur darauf hofft, dass eine einzelne Behörde unter vielen geschlossen wird. Selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass es einer Protestbewegung gelingen würde, die Schließung einer Repressionsbehörde zu erkämpfen, würde der Staat unter einem neuen Namen eine neue gründen. Denn einen kapitalistischen Staat ohne Apparate zur Unterdrückung der Arbeiterklasse kann und wird es nicht geben. Diese Apparate können nicht durch die Herrschenden „von oben“ aufgelöst werden, sie können nur durch den Sieg des organisierten Klassenkampfes „von unten“ zerschlagen werden, indem die Herrschaft des Kapitals an sich gestürzt wird.

Ablenkungsmanöver

Während sich in den Medien und den Parteien der Mund über den Fall Maaßen fusselig geredet wird, passiert der große Coup im Hintergrund: Wie die Tagesschau am 16.09.2018 berichtet, hat Maaßen noch kurz vor seinem Abdanken einen Antrag für den Haushalt 2019 des Bundesamtes für Verfassungsschutz eingereicht: Der Antrag enthält nahezu eine Verdoppelung des Budgets im Vergleich zum Jahr 2015 und umfasst satte 421 Millionen Euro. Auch die Anzahl an offiziellen Mitarbeitern soll um mehr als 50 % auf knappe 6000 wachsen. Der Ausbau des Inlandsgeheimdienstes ist dabei ein Teil der Strategie, die auch den massiven Ausbau der Bundeswehr in den nächsten Jahren beinhaltet. Der deutsche Staat bereitet sich auf größere Konflikte und Kriege im Inneren und Äußeren vor.

Der Ausbau des Inlandsgeheimdienstes dient nicht unserem Schutz vor gewalttätigen Neonazis und schon gar nicht der „Demokratie“. Denn diese „Demokratie“ ist in Wirklichkeit die Herrschaft des Kapitals, also einer kleinen Minderheit der Gesellschaft über die große Mehrheit. Der Ausbau des Geheimdienstes richtet sich vor allem gegen alle, die sich mit den Zumutungen des kapitalistischen Systems, mit Armut, Krieg und staatlich gefördertem Faschismus nicht abfinden wollen und dagegen aufstehen. Das Ziel staatlicher Repressionen waren seit Gründung der BRD daher immer in allererster Linie die Arbeiterbewegung, Kommunisten und andere fortschrittliche Menschen.

Gegen Repression: Massenorganisation

Jeder Staat braucht zur Machterhaltung Polizei, Militär und Geheimdienste. Die entscheidende Frage dabei ist jedoch, um wessen Staat es sich handelt: Ein Staat im Interesse des Kapitals oder ein Staat im Interesse der Arbeiterklasse und anderer werktätigen Schichten. Um den Verfassungsschutz ebenso wie Polizei und Bundeswehr loszuwerden muss den Kapitalisten die Macht entrissen und ihr Staat zerschlagen werden. Es kann keinen Zwischenweg geben. Der einzige Weg dahin ist der Aufbau einer starken, selbstbewussten Massenbewegung, von proletarischer Massenorganisationen und einer kommunistischen Partei. Diese Organisationen sind auch der beste Schutz gegen die staatliche Repression, sei es Polizei, Militär und Geheimdienst oder vom Staat aufgebaute und finanzierte faschistische Terrorgruppen.

An die Internationale Kommunistische Bewegung: Über einige Desinformationen über unsere Organisation

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Liebe Genossen,

Am 26. August hat die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) auf SolidNet einen Text veröffentlicht, in dem über unsere Organisation, die Kommunistische Organisation (KO), einige Behauptungen aufgestellt werden. Wir gehen davon aus, dass dieser Text auch an die Parteien auf SolidNet verschickt wurde, weshalb wir uns hier zu einigen Behauptungen der DKP äußern wollen.

Zu Beginn möchten wir eine Selbstkritik üben: Dass wir die DKP nicht in die Liste der Empfänger aufgenommen haben, war ein Fehler unsererseits. Wir hielten dies nicht für notwendig, da es sich um eine Mail mit Informationen handelte, von denen wir ausgehen, dass die DKP sie bereits hat. In Zukunft werden wir Mails an die Liste der kommunistischen und Arbeiterparteien immer auch an die DKP verschicken.

Leider werden in dem Text der DKP jedoch auch einige unwahre Behauptungen aufgestellt.

Es ist nicht wahr, dass diejenigen unserer Genossen, die aus der DKP und SDAJ kommen, diese mit einer „linkssektiererischen Kritik“ verlassen hätten. Linkssektierertum ist eine politische Linie, die sich auf den Kommunismus als Ziel beruft, sich aber in der Praxis von den Massen isoliert. Dies ist nicht unsere Haltung und wir lehnen eine solche Haltung ab. Im Gegenteil arbeiten wir ständig daran, uns so eng wie möglich mit der Arbeiterklasse und den anderen Volksschichten zu verbinden.

Unsere Kritik an der DKP ist keineswegs „linkssektiererisch“. Dies ist leicht nachprüfbar, denn in unseren Texten kann diese Kritik nachgelesen werden. Wir kritisieren die Strategie der DKP, ihre Ausrichtung auf eine „antimonopolistische Übergangsphase“ zum Sozialismus. Wir kritisieren außerdem ihre mangelnde Orientierung auf den Aufbau einer Kaderpartei. Unsere eigenen Positionen zu diesen Fragen sind in den Programmatischen Thesen, die wir verschickt hatten, enthalten.

Diese Kritikpunkte sind nicht „linkssektiererisch“. Es handelt sich im Gegenteil um wichtige Diskussionen, die in der kommunistischen Weltbewegung bereits geführt werden und auch geführt werden müssen.

Schließlich behauptet die DKP, die KO habe in die politischen Auseinandersetzungen in Deutschland nicht eingegriffen und unsere politischen Aktivitäten beschränkten sich auf das „Veröffentlichen von Texten im Internet“. Auch diese Behauptung ist nicht wahr. Zunächst ist dazu zu sagen, dass die Gründung unserer Organisation erst Anfang Juni stattgefunden hat. Jedoch haben einige unserer Mitglieder teilweise seit vielen Jahren eine Massenarbeit zur Organisierung von Menschen aus Arbeitervierteln entwickelt oder entwickeln eine revolutionäre Arbeit an ihrem Arbeitsplatz. Diese Arbeit führen wir nun unter der Anleitung unserer neuen Organisation fort, entwickeln sie weiter und beginnen sie in weiteren Städten. Unser Ziel ist es, die Vereinigung des wissenschaftlichen Sozialismus mit der Arbeiterbewegung wiederherzustellen. Die Entwicklung einer revolutionären Praxis mit wissenschaftlicher Grundlage hat darum zentrale Bedeutung für uns.

Wir hoffen, dass diese kurzen Erklärungen ausreichen, um zu verdeutlichen, dass die Behauptungen, die die DKP über uns aufstellt, falsch sind. Wir bedauern es, dass die DKP sich dafür entschieden hat, Desinformationen über unsere Organisation zu verbreiten. Dies hat uns dazu gezwungen, in einer weiteren E-Mail dazu Stellung zu nehmen. Wir haben jedoch kein Interesse an dieser Art von Auseinandersetzungen in der internationalen kommunistischen Bewegung. Die Art der Auseinandersetzung, die uns interessiert, sind Austausch und Diskussion über ideologische Fragen.

Bei weiteren Fragen, zögert nicht, euch an uns zu wenden.

Kommunistische Organisation

To the International Communist Movement: On some disinformation about our organization

Dear comrades,

On 26th of August, the German Communist Party (DKP) has published a text on SolidNet, where it makes some claims about our organization, the Communist Organization (KO). We believe that this text has also been sent to the parties listed on SolidNet, which is why hereby we want to comment on some of the claims made by the DKP.

To begin with, we would like to exercise self-criticism: It was a mistake from our side, not to include the DKP in the list of recipients. We did not deem this necessary, since it was an e-mail with information that we believed was already known to the DKP. In the future, however, when sending e-mails to the list of communist and workers’ parties, we will always also include the DKP.

Unfortunately however, in the aforementioned text, some of the claims made by the DKP are untrue.

It is not true that those of our comrades coming from the DKP and SDAJ left those organizations with a “left-sectarian criticism”. Left sectarianism is a political line which refers to communism as a goal, but isolates itself from the masses in practice. This is not our position and we reject such a position. Quite the contrary, we constantly struggle to strengthen our bonds to the working class and other popular strata.

Our criticism concerning the DKP is not at all “left-sectarian”. This can easily be checked, since this criticism can be read in our texts. We criticize the DKP’s strategy, its orientation towards an “anti-monopoly transitional phase” and its assertion that this phase leads to socialism. Furthermore, we criticize its lack of focus on the construction of a cadre party. Our own positions on these questions are contained in the Programmatic Theses, which we have already sent to you.

This criticism is not “left-sectarian”. On the contrary, these are important issues which are already being discussed in the International Communist Movement and these discussions ought to be continued.

Finally, the DKP claims that the KO has not intervened in political struggles in Germany and that our political activities were limited to “publishing texts on the Internet”. This claim is also untrue. Firstly, we are compelled to mention that our organization was very recently founded, in the beginning of June. Still, some of our members have for many years developed a mass work aiming at organizing people from working-class neighborhoods or are developing revolutionary work at their workplaces. We now conduct this work under the guidance of our new organization, we strive to further advance it and begin it in new towns. It is our goal to restore the unity of scientific socialism and the workers’ movement. Therefore, developing a revolutionary practice with a scientific foundation is of crucial importance to us.

We hope that these brief explanations suffice to make clear that the claims made by the DKP about us are false. We regret that the DKP has resorted to spreading disinformation about our organization. This has compelled us to take position on this matter in another e-mail. However, we are not interested in this kind of dispute within the International Communist Movement. The kind of debate that we are interested in is discussion and exchange on questions of ideology.

For any further questions, please do not hesitate to contact us.

Communist Organization

Scheinzugeständnisse der Rentendiebe

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Zur Fortsetzung der Rentenkürzungspolitik

Wer bekommt keine Wut, wenn er eine alte Frau an der Supermarkt-Kasse die Cent-Stücke zählen sieht und das, obwohl die Lebensmittel, die sie kauft, ohnehin schon die billigsten sind? Wer ist nicht empört, wenn er alte Männer Kisten schleppen und Regale auffüllen sieht? Wer ist nicht sprachlos, wenn er auf den Brief von der Rentenversicherung schaut und einen lächerlichen Betrag sieht, der ihm im Alter blüht?

Die durchschnittliche Rente liegt bei nur 823 Euro, aber über 60 % der Rentner bekommen sogar weniger Rente. Wer den gesetzlichen Mindestlohn bekommt, müsste 60 Jahre arbeiten, um auf eine Nettorente in Höhe der Grundsicherung zu kommen. Diese liegt bei ca. 769 Euro (419 Euro Regelsatz plus 350 Euro Warmmiete). Läge der Mindestlohn bei 10 Euro, bräuchte man 60 Jahre durchgehende Arbeit. Erst bei einem Mindestlohn von 13,35 Euro käme man nach 40 Arbeitsjahren knapp über den Betrag der Grundsicherung.

Dies ist das Ergebnis der Politik seit Anfang der 90er Jahre. Mit der Lüge auf den Lippen „Die Rente ist sicher“ kürzten CDU, FDP, SPD, Grüne alle fleißig die Renten, die sonst jetzt 30 % höher liegen müssten. 2008 betrugen die Durchschnittsrenten für Männer in Westdeutschland 970 Euro, für Frauen 473 Euro. Sie sind nach all den massiven Kürzungen preisbereinigt niedriger als 1975. 35 Jahre Steigerung des Sozialprodukts – als Dank weniger Rente. (siehe zu allen Zahlen und Fakten klartext-info.de).

Wer aber nur in Teilzeit arbeitet oder zwischendurch arbeitslos oder geringfügig beschäftigt ist oder nicht so lange durchhält, wird im Alter zum Amt gehen müssen. Das droht Millionen von Erwerbstätigen und keineswegs nur einem kleinen Teil der Arbeiterklasse. Die aktuelle Rentendebatte dient dazu, die aktuellen und zukünftigen Rentner zu beschwichtigen, denn die Rentenfrage ist der vielleicht größte soziale Sprengstoff. Die permanente Ablenkung von dieser Frage durch Flüchtlingsdebatten ist aus Sicht der Herrschenden dringend notwendig. Denn wenn alle Beschäftigten und Rentner erkennen, wie sie über den Tisch gezogen werden und dann vielleicht sogar handeln, könnte es unangenehm für die Herrschenden werden, die für diese Situation verantwortlich sind.

Die Standardrente wird weiterhin mit 45 Jahren Beitragszahlung berechnet, obwohl die durchschnittliche Lebensarbeitszeit bei 35,7 Jahren liegt (2014). Realistischer wären also 40 Jahre Beitragszahlung zur Berechnung der sogenannten „Eckrente“. Bis 1991 galt als Ziel der Sozialpolitik, dass die Nettorente bei 70 % des durchschnittlichen Nettolohns liegt. Im Moment würde eine Rente, die bei 70 % vom Nettolohn liegt, ca. 1317 Euro in Westdeutschland betragen. Die SPD, die sich als Rentenrettungspartei aufspielt, will die Durchschnittsrente bei 46 % des Nettolohns ohne Steuern – das sind 793 Euro – „sichern“.

Die Löhne sind für große Teile der Arbeiterklasse in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gesunken. Wenn man das Ziel ernst nimmt, eine Rente bei 70 % des Nettolohns anzustreben, wäre das bei den realistisch angenommenen 40 Beitragsjahren über den Arbeitslohn nicht möglich. Um auf eine solche Rente zu kommen, müsste der Durchschnittslohn bei mehr als 23 Euro brutto pro Stunde liegen.

Die Kapitalistenklasse muss die Löhne und die Renten immer weiter senken, um die Profitrate zu erhöhen, denn die Profitraten sinken seit Jahrzehnten weiter ab. Die Rente ist Teil der Lebenshaltungskosten der Arbeitskraft, ebenso wie die Versorgung von Kindern, Lebensmittel, Wohnung und anderes. Während die Kapitalisten die Bestimmung dieser Kosten immer weiter nach unten drücken wollen, hat die Arbeiterklasse das Interesse sie nach oben – zum besseren Leben hin zu bewegen.

Bei der Rente heißt das konkret: Früher aufhören zu arbeiten und dann das Leben genießen können. Und wie bei kaum einem anderen Thema stehen sich hier die Klasseninteressen offen gegenüber. Die Kapitalverbände fordern die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre, die Mehrheit der Bevölkerung wünscht sich in Umfragen, mit 60 Jahren in Rente gehen zu können. Die Konzernvorstände gehen übrigens im Durchschnitt mit 53 Jahren in Rente.

1891 wurde die Rentenversicherung eingeführt – erkämpft durch streikende und demonstrierende Arbeiter, aber auch von den Herrschenden eingesetzt als Beschwichtigung und Kontrolle der Arbeiterbewegung. Damals lag das Renteneintrittsalter bei 70 Jahren – da wo die Eigentümer von Siemens, Daimler, VW und Deutscher Bank heute wieder hin wollen! 1916 wurde es auf 65 Jahre abgesenkt und 2007 dann durch einen sozialdemokratischen Arbeitsminister auf 67 Jahre angehoben. Es gab übrigens einige hunderttausend Arbeiter, die dagegen in der Arbeitszeit demonstriert, also politisch gestreikt haben, aber durch die Gewerkschaftsführung abgewürgt wurden. Die meisten Arbeiter gehen weiterhin im Durchschnitt mit 61 Jahren in Rente – länger geht es einfach nicht. Deshalb ist die Anhebung des Renteneintrittsalters einfach nur eine drastische Rentenkürzung, weil man enorme Rentenkürzungen in Kauf nehmen muss, wenn man früher in Rente geht. Die deutschen Kapitalisten haben dank CDU/SPD/Grüne besonders drastisch die Renten gekürzt. Beim Verhältnis der Nettolöhne zu den Renten liegt es in Europa an drittletzter Stelle.

Oft wird eingewendet: Die Leute werden ja immer älter und es gibt weniger Junge. Wer soll das bezahlen? Die Lösung ist ganz einfach: Die gestiegene Produktivität ermöglicht auch bei mehr Alten höhere Renten. Das Volkseinkommen (die Summe aller Löhne, Gewinne, Mieten usw.) stieg von 1950 bis 2009 um das 22,5-fache, von 2.007 Euro auf 46.194 Euro pro Erwerbstätigem. Die Zahl der Erwerbstätigen wiederum stieg von 19,6 auf 40,3 Mio. Vom Umfang des gesellschaftlichen Reichtums her wäre es ein Leichtes, allen Rentnern ein auskömmliches Leben zu ermöglichen.

Das Kapital will zugleich auch die Beiträge zur Rentenversicherung kürzen, die nichts anderes als Lohnzahlungen sind. 1986 wurde der Beitrag der Unternehmen auf 10 % eingefroren, das heißt, dass alle zukünftigen Steigungen von den Arbeitern allein getragen werden müssen. Jedes Prozent mehr an die Rentenversicherung würde die Profite um ca. 10 Milliarden Euro schmälern.

Die Kapitalisten wollen die Arbeitskraft ausbeuten und wenn sie nicht mehr ausbeutbar ist, weil sie zu alt ist, wollen sie nichts mehr damit zu tun haben und erst recht nichts bezahlen. Immer größere Teile der Rentenzahlungen werden aus dem Staatshaushalt zugeschossen. Der Betrag liegt bei rund 100 Milliarden Euro. Die Steuern bezahlen aber zu 70 % die Arbeitnehmer – eine schöne Rechnung für die Unternehmer, die sich viel Geld sparen. Aber auch damit sind sie unzufrieden. Das viele Geld, das da in die Rente fließt, will das Kapital lieber für Rüstung, Bankenrettung und vielleicht noch Autobahnbau ausgeben.

All das zeigt: Mit dem Kapital kann es keine „sichere Renten“ geben. Der Zwang zur Steigerung der Profitrate, dazu immer weniger Arbeitskraft einzusetzen – kurz: Die Krisenhaftigkeit des Imperialismus zeigt sich auch daran, dass es den Kapitalisten sogar dann nicht reicht, wenn die Arbeiter ihre Rente fast vollständig aus der eigenen Tasche bezahlen. „Unbrauchbare“ Arbeitskräfte wie Rentner sollen gar keine Kosten mehr verursachen, aber gleichzeitig weiterhin die Produkte der Kapitalisten konsumieren.

Die aktuellen Rentenpakete sind kleine Scheinzugeständnisse, die Müttern ein paar Euro mehr Rente geben und einige kleine Erleichterungen bei der Erwerbsminderungsrente bringen. Dass es sich hierbei um eine Mogelpackung handelt, dürften die meisten schnell erkennen, auch wenn die Kapitalseite protestiert und sich beschwert und auch wenn die Gewerkschaftsführung von „Kurswechsel“ schwärmt und ihre sozialdemokratischen Kumpel in der Regierung umarmt. Der Kurs geht weiter Richtung Rentenkürzung – auch durch erhöhte Steuern auf Renten. Die Zukunft, die das Kapital uns verspricht ist und bleibt Armut für Millionen und Kleingeld zählende Frauen an der Kasse.

Eine Rente, mit der man das Leben genießen kann und nicht nur die Wartezeit bis zum Hospiz ist, kann es erst im Sozialismus geben, wenn die Gesellschaft für ihre Bedürfnisse produziert und plant. Bis dahin muss für wirklich höhere Löhne und gegen die Absenkung der Sozialversicherung gekämpft werden. Darüber hinaus ist die Forderung nach der Altersrente mit 60 ohne Abschläge richtig, auch wenn klar ist, dass die Arbeiterklasse sich deutlich klassenbewusster aufstellen muss, wenn sie das erkämpfen will. Hier sei nur der Kampf innerhalb der Gewerkschaften gegen die Politik der Klassenzusammenarbeit genannt. Auch die Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze, die Besserverdiener davor bewahrt, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, ist richtig, genau so wie die Forderung, dass der Arbeitgeberbeitrag nicht eingefroren werden soll und dass private Rentenversicherer nicht mehr staatlich gefördert werden sollen.

Völker, hört die Sammelbewegung?

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Ein Beitrag zur neuen Bewegung „Aufstehen“ und Allem, was dazu gehört

„Aufstehen“ – so lautet der Name einer Idee Sahra Wagenknechts und Oskar Lafontaines (beide Partei die Linke), die sich seit einigen Wochen großer Aufmerksamkeit durch die Medien erfreut. Es geht um eine politische „Sammelbewegung“, die Menschen relativ partei- aber vor allem klassenunabhängig organisieren möchte. Die große – nach bereits länger andauernden innerparteilichen Debatten – Präsenz dieses Projektes in der Presse hängt mit der zur Bewegung gehörenden Website zusammen. Ist sie momentan doch noch nicht mehr als ein Internetphänomen. Die momentan stattfindenden, scheinbar oder auch real hitzig geführten Debatten – weit über die Medien und die Strukturen der Partei die Linke (PdL) hinaus, bis hinein in die außerparlamentarische Linke, die Gewerkschaftsbewegung und einige mehr – haben uns dazu veranlasst, diesen etwas ausführlicheren Hintergrundartikel zu veröffentlichen. Wir wollen Klarheit schaffen, worum es bei der Sammelbewegung und den mit ihr zusammenhängenden Debatten tatsächlich geht und was das für die Arbeiterklasse in Deutschland bedeutet. Ferner wollen wir Handlungsoptionen aufmachen, die aus unserer Sicht und als Antwort auf die beschriebenen Entwicklungen auf die Tagesordnung gehören. Aber der Reihe nach:

Aufstehen“ – wer, was, wie und warum?

Bereits seit einiger Zeit gibt es in der Linkspartei, die 2007 aus einer Fusion zwischen PDS („Partei des demokratischen Sozialismus“) und WASG („Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“) hervorgegangen ist, Debatten über die eigene politische und organisatorische Ausrichtung. Wie ihre Vorgänger auch ist die PdL keine revolutionäre Organisation. Ihre ideologischen und organisatorischen Grundlagen stehen einer revolutionären Praxis grundlegend entgegen. Sie verfolgt nicht das Ziel, den Kapitalismus durch den bewusst geführten Klassenkampf von unten abzuschaffen und den Sozialismus aufzubauen. Stattdessen gibt sie vor, durch einen auf die parlamentarische Ebene fixierten Reformkampf Verbesserungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen für die breiten Massen erreichen zu wollen. Ihrer programmatischen Grundlage und ihrer politischen Praxis nach ist die PdL also als sozialdemokratische Kraft einzuordnen. Diese Erkenntnis ist festzuhalten, denn auf dieser Grundlage spielten und spielen sich auch die parteiinternen Debatten ab, die mit zur Gründung von „Aufstehen“ geführt haben. Derzeit fallen in der Partei besonders zwei Flügel, mit in der Diskussion unterschiedlichen Standpunkten, auf: zum einen der im Wesentlichen von der Parteivorsitzenden Katja Kipping angeführte, zum anderen der Flügel um die Vorsitzende der Bundestagsfraktion Sahra Wagenknecht. Doch auch wenn bürgerliche Medien diese Flügel gern als die „Parteilinken und -rechten“ betiteln, geht es in den Auseinandersetzungen keineswegs um den grundlegenden Kurs der PdL. Ihre sozialdemokratische Ausrichtung an sich wird nicht oder nur von sehr unbedeutenden Kräften zur Debatte gestellt. Der parteiinterne Streit beschränkt sich auf Fragen des Profils, das man sich geben möchte und daran anknüpfend des Klientels, das man mit diesem oder jenen Themenschwerpunkt, mit dieser oder jener Haltung ‚ansprechen‘ möchte.

So viel zum politischen Kurs in der PdL, der wesentlicher Teil der Vorgeschichte von „Aufstehen“ ist. Die Entwicklung der Sammelbewegung geschah auf Initiative Sahra Wagenknechts und ihrer Anhängerschaft, die schon lange Zeit vorher in der PdL für solch ein Modell plädiert haben. Wagenknecht, die zur Zeit der Konterrevolution ’89/’90 noch offen die DDR und ihre Errungenschaften verteidigte, dann lange Zeit als Galionsfigur der „Kommunistischen Plattform“ in der PdL galt, propagiert heute in Lobreden auf Ludwig Erhardt die „soziale Marktwirtschaft“, möchte eine regierungsfähige Linkspartei und schlägt auch gern mal nationalistische, ausländerfeindliche Töne an („Wer Gastrecht missbraucht, der hat Gastrecht dann eben auch verwirkt“). Doch die Politikerin, deren politische Entwicklung einem Beispiel für Opportunismus aus dem Lehrbuch gleichkommt, ist nicht allein: Neben weiterem Support aus der eigenen Parteiführung (insbesondere Oskar Lafontaine), schillert die Bewegung momentan auch durch die Unterstützung von Vertretern der Grünen und der SPD, wie bspw. durch Antje Vollmer oder den Bundestagsabgeordneten Marco Bülow. Hinzu kommen noch verschiedene Personen des öffentlichen Lebens. Erklärtes Ziel der Bewegung ist es, die Masse der Abgehängten, der prekär Beschäftigten, all die Wütenden, die etwas verändern wollen, zu erreichen. Willkommen seien bei „Aufstehen“ alle Interessierten, egal ob und welcher Partei sie angehören. Ein großes Augenmerk läge auf all jenen vom Parlamentarismus Enttäuschten, den Nicht-(mehr)-Wählenden und sogar denen, die bisweilen in der AfD eine Hoffnung sehen. Diese Menschen zu erreichen und zu organisieren, ist natürlich auch das Ziel der Kommunisten und der klassenkämpferischen Kräfte. Bei „Aufstehen“ geht es jedoch um etwas ganz anderes: „wir wollen neue Mehrheiten in Deutschland und Europa“ (https://www.aufstehen.de/). Diesen Ausspruch kann man tatsächlich wörtlich, bezogen auf die Parlamente – auf das Ziel einer rot-rot-grünen Koalition – verstehen. Denn auch, wenn “Aufstehen“ nach bisheriger Aussage ’nur‘ eine „Bewegung“ und nicht etwa eine neue Partei in der bürgerlichen Parlaments-Landschaft sein möchte, geht es am Ende immer wieder um das Erreichen sozialer Reformen durch den parlamentarischen Apparat. Im Wesentlichen ist dies die Lösung, die man den Massen bietet.

Aufstehen“ – ganz was Neues?

Wie bereits erwähnt, ist die Aufmerksamkeit für „Aufstehen“ groß und die Gründer schaffen es auch ziemlich gut, dem Projekt einen Flair des Aufbruchs und des Neuen inmitten von verkrusteten Verhältnissen zu geben. Aber ist solch eine Bewegung wirklich etwas Neues? Erinnern wir uns zurück: in den 1980er Jahren formieren sich in der BRD aus Teilen der Friedens- sowie der Ökologiebewegung die Grünen. Jung und hipp, mit Turnschuhen und langen Haaren im Bundestag – auch sie genossen den Eindruck in der Bevölkerung, etwas Neues und Alternatives zu sein. In den 90ern dann eine Anti-Globalisierungsbewegung, die für Aufmerksamkeit sorgt, mit dem Bündnis „Attac“ als wohl bekanntestem Vertreter und daneben die PDS, die im Westen aber relativ erfolglos blieb. 2007 bildet sich die Linkspartei, angetreten mit dem forschen Ziel, eine bedeutende gesellschaftliche Kraft links der SPD zu werden. Deutschland, das Land der periodisch wiederkehrenden Bewegungen? Wohl kaum. Auch in anderen Ländern ist immer wieder zu beobachten, wie neue Bündnisse oder Bewegungen einen Aufbruch vom kapitalistischen Elend hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit, Ökologie und Frieden beschwören. „La France insoumise“ (deutsch: „Unbeugsames Frankreich“), die Basis Jean Luc Mélenchons zur französischen Präsidentschaftswahl 2017, die breiten Unterstützerkreise von Bernie Sanders während seiner Kandidatur zum US-Präsidenten 2016, Jeremy Corbyns „Labour Party“, „Podemos“ in Spanien, das griechische Linksbündnis „Syriza“ und dessen Abspaltung „Volkseinheit“ sind nur ein paar der vielen Beispiele für derartige Phänomene. Der Kapitalismus braucht stets geeignete Mechanismen, um die ausgebeuteten und nicht an der politischen Macht teilhabenden Massen – die objektiv überhaupt kein Interesse an seinem Fortbestehen haben – in sein Herrschaftssystem integrieren zu können. Die krassen Widersprüche und Probleme, die die Produktion dadurch hervorbringt, dass sie auf den Profit der herrschenden Klasse orientiert ist, wachsen stetig. Das bedeutet auch, dass sie immer offensichtlicher und spürbarer werden für weite Teile der Bevölkerung. Doch die Bourgeoisie hat Methoden entwickelt, mit denen sich die Wut über die Verhältnisse und die Suche nach Alternativen kanalisieren lässt – in für sie ungefährlichere Bahnen. Soziale und politische Bewegungen, die die realen Missstände zwar thematisieren, aber statt der Abschaffung des Kapitalismus nur seine ‚Verbesserung‘ als Lösung propagieren, sind für solche Fälle ideal. Sie fangen die Enttäuschung der Massen ab und säen Hoffnung auf Veränderungen. Doch der Kapitalismus ist nicht reformierbar. Die bitterste Erfahrung mit diesem Umstand musste in den letzten Jahren wohl das griechische Volk machen. Syriza, das sich selbst als „radikal links“ bezeichnende Bündnis aus verschiedensten griechischen Parteien und Organisationen errang Anfang 2015 mit Alexis Tsipras an der Spitze und in Koalition mit der nationalistischen „ANEL“ die Mehrheit im Parlament und übernahm die Regierung Griechenlands (weiteres zu Syriza, der politischen Entwicklung Griechenland und der Haltung der deutschen Linken findet sich in einem anderen Hintergrundartikel der KO). Der Wahlsieg von Syriza rührt zweifellos aus der Hoffnung auf soziale Veränderungen und einem Kurs fernab von Spardiktaten und Bankenrettung, die das Bündnis mit seinem Wahlantritt in weiten Teilen der griechischen Lohnabhängigen befeuert hatte. Tatsächlich stand aber auch von Anfang an fest, dass Syriza die Rückzahlung der Schulden akzeptieren würde und dass das Bündnis mit seiner Fokussierung auf das Parlament viel mehr zur Schwächung, zur Desorganisierung der Arbeiterklasse, als zu ihrer Stärkung beitragen würde. Es dauerte nicht lange, bis die Folgen dieser neuen Regierung sichtbar wurden: der massive Sparkurs ging weiter, die Krisenauswirkungen hatten nach wie vor das griechische Volk und vor allem die Arbeiterklasse zu tragen, für immer mehr Menschen wurden die Lebensbedingungen nicht nur nicht besser, sondern schlechter und zu einem Austritt aus der imperialistischen EU oder NATO kam es nie. Eine herbe Enttäuschung für die Teile des Volkes, die in Syriza etwas Gutes sahen, ein lohnender Umstand für die griechische Bourgeoisie. Sie konnte so nicht nur die Lasten der eigens verursachten Krise weiter auf den Rest der Bevölkerung abwälzen, sondern noch dazu die Wut und den Protest dagegen mit Hilfe der Regierung Syrizas in ihr Herrschaftssystem integrieren und sich vor möglichen direkten Klassenkonfrontationen schützen.

Es liegt in der Logik der Sozialdemokratie, dass sie die Hoffnungen, die die Menschen in sie setzen, nicht erfüllen kann. Weil die Menschen nicht dumm sind, verstehen sie das natürlich irgendwann und kehren den bestehenden sozialdemokratischen Organisationen den Rücken. Weil die herrschende Klasse trotzdem auf Mechanismen angewiesen ist, um die Unzufriedenheit der Massen einzufangen und unschädlich zu machen, braucht sie auch immer wieder neue reformistische Organisationen, die den Massen die immer gleichen illusorischen Versprechungen in jeweils neuer Verpackung präsentieren. Je tiefer die Krise des Systems, je geringer also die Spielräume für tatsächliche Zugeständnisse des Kapitals an die Arbeiterklasse, desto schneller kommt das ‚Verfallsdatum‘ der reformistischen Bewegungen und Parteien, desto öfter müssen neue Formen zur Systemintegration geschaffen werden.

Aufstehen“ – was sagen die Anderen?

Die Flügel-„kämpfe“ in der PdL wurden im zweiten Absatz bereits kurz angerissen. Während es Sahra Wagenknecht und ihre Anhänger sind, die nun voll und ganz die „Aufstehen“-Bewegung tragen und bewerben, üben andere Teile der Partei – insbesondere der Flügel um Katja Kipping – scharfe Kritik. Zentrale Punkte ihrer Reaktionen sind der Vorwurf der Querfront (aufgrund des Vorhabens von „Aufstehen“, auch z.B. derzeitige AfD-Sympathisanten anzusprechen) und das Abdriften nach rechts, das quasi ‚Überflüssigmachen‘ der PdL selbst, bis hin zur Spaltung der Partei. Außerdem wird ein undemokratischer Ausbau von Wagenknechts Einfluss kritisiert, mit dem Argument, sie selbst würde sich mit ihrer Führungsposition in dieser Bewegung nur profilieren und in Szene setzen wollen. Trotz solcher ‚harten‘ Vorwürfe, ist der Dramatik dieser Debatte innerhalb der PdL nur mäßige Bedeutung zuzuschreiben. Wie weiter oben schon erwähnt, geht es eben nicht um die Frage der grundsätzlichen Ausrichtung oder Strategie der PdL, sondern vor allem um die richtige Ausrichtung für bestmögliche (Wahl)-Erfolge und natürlich für eine zukünftige Regierungsbeteiligung. Auch sind die Vorwürfe, Wagenknecht vollziehe mit ihren Positionen zur Flüchtlingsfrage einen Schwenk nach rechts zwar zutreffend, aber aus dem Munde Katja Kippings vor allem heuchlerisch. Konkret zeigt sich die Verlogenheit dieser Empörung an Kippings Positionierung zu saisonalen Gastarbeitern: anstatt vehement die prekäre Situation von Spargelstechern und anderen aus dem osteuropäischen Ausland kommenden Saisonarbeitern anzuprangern, die meist schwere körperliche Arbeit verrichten müssen und obendrein schlecht bezahlt werden, statt die Verantwortung des deutschen Imperialismus dafür klar zu benennen, wies sie in der Vergangenheit lediglich auf die Unentbehrlichkeit dieser Ausgebeuteten für die deutsche Wirtschaft hin – begründet offene Grenzen also mit kapitalistischer Standortlogik, statt mit Klassensolidarität.

Ein Klassenstandpunkt, den man bei den Debatten in der PdL gänzlich vermisst, findet sich in den umfangreichen Berichten der bürgerlichen Medien über die Bewegung natürlich erst recht nicht wieder. Sie toben sich lediglich in Beiträgen aus, die relativ nichtssagend den innerparteilichen Konflikt wiedergeben, mit inhaltlicher Schlagseite mal in diese, mal in die andere Richtung. Aber so oder so, sie befeuern also die Ablenkungsmanöver, die die PdL mit ihrer Politik für die Arbeiterklasse spielt – indem sie einen großen Konflikt vorgaukeln, wo die wesentlichen Entscheidungen schon längst getroffen wurden. Es ist wichtig zu verstehen, dass beide Flügel der Linkspartei keineswegs die Interessen der Arbeiterklasse vertreten. Während der Pol um Wagenknecht die Arbeiterklasse mit falschen Versprechen über soziale Reformen in die Irre führt und zu ihrer Spaltung in inländische und migrantische Arbeiter beiträgt, ist der Teil der Partei um Katja Kipping oder Dietmar Bartsch noch stärker auf Regierungsbeteiligungen ausgerichtet, verbreitet antikommunistische Propaganda, verteidigt die „Westbindung“ Deutschlands an die EU und die NATO, verharmlost die israelische Besatzungspolitik und propagiert eine „offene Einwanderungspolitik“, um dem deutschen Kapital billige ausländische Arbeitskräfte zu liefern und damit ebenfalls die Arbeiterklasse zu spalten. In einem Aufruf, der den Titel „Solidarität statt Heimat“ trägt, deklarieren sie die Klasse sogar zu einem Teil des Rassismus-Problems – die Klassenfrage wird also komplett verwaschen und die Herrschaft der Bourgeoisie, die Spaltung und Chauvinismus erst sät, in Schutz genommen.

Der Staat als Herrschaft des Kapitals kann eben nicht, wie es „Aufstehen“ anstrebt, im Sinne der Arbeiterklasse umfungiert werden. Deshalb ist dieses Programm zwangsläufig eine Irreführung der Massen und nichts Positives. Die Sozialdemokratie ist auch kein Schritt „in die richtige Richtung“, sondern ein Integrationsmechanismus für den Kapitalismus, der die Arbeiterklasse in das Ausbeutersystem integriert und ruhig stellt. Letzten Endes hat sich die Sozialdemokratie immer als Feind der Arbeiterbewegung erwiesen und alles Revolutionäre bekämpft. Für den Kampf zur Befreiung der Arbeiterklasse muss sich diese unabhängig vom bürgerlichen Staat, dem Kapital und seinen Institutionen organisieren. Dies voranzutreiben ist die Aufgabe der kommunistischen Partei. „Aufstehen“ ist aber das genaue Gegenteil davon und kann von den Kommunisten daher nur negativ bewertet werden.

Aufstehen“ – ein Grund zur Hoffnung?

Für uns ist selbstverständlich, dass wir als Kommunisten die „Aufstehen“-Sammelbewegung weder begrüßen noch irgendwelche Hoffnungen in sie auf Verbesserungen für die Lage der Arbeiterklasse und aller anderen vom Kapitalismus unterdrückten Schichten hegen. Als Marxisten-Leninisten haben wir die eindeutige Einschätzung von der Sozialdemokratie, dass sie – in welcher Form oder Partei auch immer – die objektive Rolle als eine Machtstütze der Kapitalistenklasse innehat. Ihre besondere Bedeutung besteht darin, dass sie Protest und Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen aus dem Proletariat heraus kanalisiert in für die Herrschaft der Bourgeoisie ungefährliche Bahnen. Sie versucht – und das nicht selten erfolgreich – zwar in den Augen der Massen einen kämpferischen, systemkritischen Eindruck zu erwecken, aber in Wirklichkeit sorgt sie gerade dafür, dass die Kämpfe der Arbeiter zahnlos werden. Sie lässt keine Perspektive für den Protest der Unterdrückten gegen die Unterdrückung zu, außer der Integration in das unterdrückerische, d.h. kapitalistische System.

So ist es im Wesentlichen auch mit „Aufstehen“. Sozialabbau, Flüchtlingsproblematik, Enttäuschung über die etablierten Parteien usw. – Wagenknecht und Co greifen die Unzufriedenheit mit den politischen, sozialen und ökonomischen Verhältnissen, die bei immer größeren Teilen der Bevölkerung herrscht, auf und schreiben sich die Veränderung dieser Verhältnisse im Sinne der Massen auf die Fahnen. Das ist genau der kritische, ja kämpferische Eindruck, den sie versuchen von sich zu vermitteln. Was sie nicht sagen ist, dass all diese Probleme und Widersprüche Teil des Kapitalismus sind, dass sie notwendigerweise aus der Fäulnis seiner Produktionsweise erwachsen sind und ohne den Kampf gegen dieses System nicht überwunden werden können. Auf dieser Grundlage schaffen sie es dann auch, in der Arbeiterbewegung die Vorstellung zu säen, die bestehenden Verhältnisse angenehmer, sozialer zu gestalten und dafür zunächst einmal „neue Mehrheiten zu schaffen“.

Für die PdL bedeutet die Sammelbewegung eine weitere Schwächung des sowieso schon marginalisierten antikapitalistischen Flügels. Es gibt so gut wie keine Kräfte mehr, die ein rot-rot-grünes Bündnis ausschließen, dies ist gleichbedeutend mit einem Bekenntnis für die Seite des Kapitals. Nicht durch die Propagierung des Reformismus und die Integration von Protestbewegungen in systemerhaltende Kanäle, denn das war immer schon ihr Charakter. Das Neue besteht darin, dass „Aufstehen“ der Annäherung an SPD und Grüne eine sehr konkrete Form gibt, weshalb die Gründer selbst keinen Zweifel daran lassen, dass es am Ende um eine „rot“-„rot“-grüne Koalition auf Bundesebene geht. Sollte es – weil es im Sinne der herrschende Klasse ist – in Zukunft dazu kommen, bliebe für uns von dieser Regierung erst recht nichts zu hoffen. Der Charakter der Sozialdemokratie kommt natürlich bei einer Regierungsbeteiligung erst recht zum Tragen, sodass sich im Zweifel die arbeiter- und volksfeindliche Politik des Imperialismus noch verschärft. Die Politik des „Links“-Bündnisses Syriza in Griechenland, die wir bereits weiter oben erwähnten, ist dafür ein Paradebeispiel. Und auch bezogen auf Deutschland rufen wir in Erinnerung: Es war die „rot“-grüne Regierung von SPD und Grünen zwischen 1998 und 2005, die den ersten Angriffskrieg der BRD und mit der „Agenda 2010“ den schwersten Angriff auf die Arbeiterklasse durchsetzte. Es ist die SPD, die aktuell einen der größten Rüstungshaushalte der BRD beschloss. Es war die PDS bzw. die Linkspartei, die in allen Landesregierungen, an denen sie beteiligt war, Sparprogramme, Sozialabbau, Abschiebungen, Privatisierungen von sozialem Wohnraum – die Politik des Kapitals insgesamt – mitgetragen und umgesetzt hat.

Zuletzt wollen wir noch einmal unterstreichen, dass „Aufstehen“ bzw. die Politik Sahra Wagenknechts zwar ein Teil des Rechtsrucks in der Linkspartei, aber keineswegs dessen Ursache ist. Die liegt im allgemeinen Streben der Partei, regierungsfähig zu werden, was zwangsläufig das Aufgeben linker Inhalte und erst recht linker Politik beinhaltet. Nahezu alle Aspekte der derzeitigen Gesamtentwicklung in der PdL laufen darauf hinaus: der Wagenknecht gegenüberstehende, aber ebenso imperialismuskonforme Kipping-Flügel; die Forderung nach dem bedingungslosen Grundeinkommen, das die massive Zerschlagung der noch bestehenden Sozialsysteme zur Folge hätte; die Resolution zum 70. Jahrestag der Gründung Israels als Plädoyer für imperialistische Aggression im Ausland; das schon seit einigen Jahren stattfindende Aufweichen der ursprünglichen Ablehnung aller Kriegseinsätze; die Instrumentalisierung von ‚kriminellen‘ Geflüchteten auf der einen Seite sowie von migrantischen Saisonarbeitern auf der anderen, usw.

AUFSTEHEN UND KÄMPFEN!

Von der neuen Sammlungsbewegung und der Sozialdemokratie insgesamt sind also keine positiven Veränderungen zu erwarten. Damit stellt sich natürlich die Frage nach der richtigen Alternative.

Wir stellen fest, dass die immer stärker werdenden Probleme und Widersprüche, von denen die Mehrheit der Menschen in unserer Gesellschaft betroffen ist, notwendiger Bestandteil des kapitalistischen Systems sind. Es ist der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit, die Realität, dass die Produktion auf den Schultern von Vielen liegt, jedoch der Zweck dieser Produktion einzig und allein die Erzielung von Profiten für Wenige ist. Wenn wir diesen Widerspruch und mit ihm die gesellschaftlichen Probleme überwinden wollen, müssen wir den Kapitalismus und seine Produktionsweise konsequent abschaffen. Es hilft nicht, auf Verbesserungen innerhalb dieses Systems, noch dazu ‚von oben herab‘ – also in Form von parlamentarischer Stellvertreterpolitik – zu hoffen. Jede Organisierung, jeder Kampf für Reformen, jede Bewegung aus der Arbeiterklasse heraus muss als Ziel die Beendigung der Diktatur des Kapitals vor Augen haben, muss immer mit Blick auf die dem System innewohnenden Widersprüche durchgeführt werden.

Andernfalls werden Illusionen geschürt, gerät die eigentliche Lösung in den Hintergrund. Die Wut und Enttäuschung der Massen wird unschädlich gemacht. Der bewusst geführte Klassenkampf geht verloren, aber die Widersprüche und die volksfeindliche Politik bleiben.

Die sozialistische Revolution ist für die Befreiung der Arbeiterklasse und der Volksmassen, für einen endgültigen Sieg über die Ausbeuterordnung zwingend erforderlich.

Um diese Tatsachen jedoch in den alltäglichen Auseinandersetzungen nicht aus den Augen zu verlieren und um erst einmal wieder die Perspektive des revolutionären Bruchs mit dem Kapitalismus in den Massen zu verankern, braucht es eine Organisation, die die bewusstesten Teile der Arbeiterklasse, ihre Erfahrungen und ihre revolutionäre Kraft in sich fasst. Diese Organisation muss die kommunistische Partei sein. Sie entwickelt eine Strategie, sie ist mit den Massen eng verbunden, sie führt den Kampf um den Sozialismus an und sie schafft auch die breite Organisierung des Volkes in Massenorganisationen und niedrigschwelligen Tageskämpfen.

Es kann und wird keine Verbesserungen für die Arbeiterklasse im Staat der Bourgeoisie geben ohne die unabhängige klassenorientierte Organisierung als Teil einer revolutionären Strategie. Das heißt auch: keine Verbesserungen ohne den konsequenten Bruch mit der Sozialdemokratie in all ihren Formen.

Ihre „Demokratie“ ist unsere Unterdrückung. Ihr Pluralismus ist unsere Vernebelung. Ihre Sammelbewegungen sind unsere Integration – in ihr faulendes System. Schluss damit, schaffen wir erneut eine starke, revolutionäre Arbeiterbewegung – schaffen wir die kommunistische Partei.

Faschisten, Staat und Medien: Hand in Hand für das Kapital!

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Nach dem Aufmarsch von Faschisten in Chemnitz und der Hetzjagd auf Migranten und Linke reagieren die Regierung und die Medien mit Empörung. Das werde auf den Straßen nicht geduldet, der Staat müsse Handlungsfähigkeit zeigen und die Demokraten müssten aufstehen. Wir sollen dem Bild glauben, dass da auf der einen Seite der Mob und auf der anderen Seite der demokratische Rechtsstaat und seine demokratischen Medien stehen. Das ist aber nicht die Realität, es verstellt den Blick darauf, dass Nazis, Staat und die Konzernmedien zusammengehören.

Der Staat

Der Staat baut Faschistenbanden auf, bewaffnet sie und gibt ihnen Handlungsspielraum. Ohne den Verfassungsschutz und die anderen staatlichen Institutionen würde es den NSU nicht geben, genau so wenig wie die unzähligen Kameradschaften, Identitären und Reichsbürger. Während die Polizei massiv gegen antifaschistische Demonstrationen vorgeht, lässt man Neonazis gewähren und überlässt ihnen die Straße. Die AfD wird als neue Sammelpartei der faschistischen Kräfte formiert, bekommt überall Verbreitungsmöglichkeiten und Geld sowie Tipps vom Verfassungsschutz. An ihrer Spitze stehen zahlreiche ehemalige CDU-Politiker, Professoren und Unternehmer. In ihren Reihen finden sich viele Neonazis und Identitäre. Auch sie ist ein Ausdruck für die Einheit der bürgerlichen Kräfte, wozu auch Faschisten gehören.

Die Konzernmedien

Die Konzernmedien verbreiten täglich Hetze und Lügen über Migranten, genau so wie über Arbeitslose und Arme. Sie sind Antreiber der Verrohung, sei es auf plumpe Art wie bei der BILD oder auf intellektuelle Art wie bei der ZEIT. Sie schaffen ein Klima der Angst und der Aggression. Sie sind tatsächlich eine „Lügenpresse“, die täglich daran arbeitet, dass die Mehrheit der Bevölkerung nicht ihre Lage und Interessen erkennt, sondern abgelenkt wird. Wenn die Faschisten von „Lügenpresse“ sprechen, lügen sie damit selbst. Sie behaupten, dass die Medien nicht die Wahrheit über Ausländer sagen und zu positiv über diese Berichten würden. Dabei ist das Gegenteil der Fall: es wird keine Gelegenheit ausgelassen, um falsche Darstellungen über Geflüchtete, Rassismus und Fluchtursachen zu verbreiten. Auch wenn einige Vertreter kritisch daherkommen oder hier und da auch mal eine vernünftige Berichterstattung stattfindet, im Großen und Ganzen verbreiten die Konzernmedien ihre Hetze und geben z.B. der AfD Raum, das auszusprechen, was angeblich nicht gesagt werden darf. Die Faschisten schimpfen auf die „Lügenpresse“, gleichzeitig erzählen sie genau das, was sie ständig von den Konzernmedien vorgesetzt bekommen. Sie sind nichts anderes als die Fußtruppen der „Lügenpresse“.

Faschistische Irreführung

Anstatt die verbreitete Hetze aufzugreifen und die wirklichen Probleme zu benennen, die die Menschen in Deutschland haben, schweigen die Faschisten über niedrige Löhne, zu hohe Mieten, schlechte Lebensbedingungen oder lenken von den Ursachen dieser Probleme ab. Damit stehen sie im Dienste der Kapitalisten und des Staates, die sie angeblich kritisieren.

Es ist ein übles Spiel, das die Bevölkerung verwirren und über verschiedene Wege in das kapitalistische System integrieren soll. Die Verhetzten und Unzufriedenen, die den Faschisten hinterherlaufen, sollen denken, sie würden etwas gegen die Zustände und die Regierung tun. Die Verängstigten und Unsicheren sollen der Regierung glauben und die Illusion hegen, dass sie in einer Demokratie leben. Nun soll ihr Ruf nach dem starken Staat lauter werden. Beide sind aber den Angriffen von Kapital und Regierung ausgesetzt, genauso wie die Arbeiterinnen und Arbeiter, die hierher geflüchtet sind. Ihre Löhne stagnieren, im Alter droht Armut, die Mieten werden unbezahlbar. Der Kampf ums Überleben wird härter und die Angst, auf der Strecke zu bleiben, ist real und täglich auf den Straßen zu sehen.

Wem nutzt die Verhetzung auf der einen und die Heuchelei von Demokratie auf der anderen Seite? Die Menschen, die in Chemnitz und woanders auf die Faschisten hereinfallen, erkennen nicht, dass sie mit der Hetze und dem Hass gegen Fremde die Spaltung vertiefen, die ihnen selbst schadet. Sie sind der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt und empfinden es als Bedrohung, wenn noch billigere Arbeitskräfte ins Land kommen. Der einzige Weg, diese Konkurrenz abzuschwächen, ist gemeinsam gegen diejenigen vorzugehen, die die Löhne kürzen und den Sozialstaat abbauen. Die Kapitalisten wollen die Spaltung, um noch mehr Druck auf alle auszuüben. Wer diese Spaltung unterstützt und aktiv vorantreibt, arbeitet für die Kapitalisten und gegen die eigene Klasse, unabhängig davon, ob die einzelnen Personen das verstehen oder nicht. Die Kapitalisten und ihr Staat wissen das. Deshalb gehen sie nach dem Motto vor: Spalte und herrsche.

Was hilft? Klassenbewusstsein und proletarische Solidarität

Es ist unsere Aufgabe, die Dinge zu benennen wie sie sind. Wenn die Menschen erkennen, dass die Konzernmedien die Wahrheit verschweigen und verbiegen, dann ist es richtig sie als „Lügenpresse“ zu beschimpfen. Was aber wird von der „Lügenpresse“ verschwiegen und verbogen? Zum Beispiel wird verschwiegen, dass der Staat Nazibanden aufbaut, um sie gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen, dass die Hartz-Gesetze verabschiedet wurden, um dem deutschen Kapital niedrige Löhne zu bescheren, dass der deutsche Staat die eigene Bevölkerung für die Kriege der Kapitalisten vorbereitet und missbraucht. Das zu sagen, ist einzig und allein die Aufgabe der bewussten Arbeiterinnen und Arbeiter selbst.

Die Wahrheit zu sagen reicht aber nicht aus, wir müssen auch etwas tun. Die vorherrschende Vereinzelung ist der Grund dafür, warum es aber vielen von uns schwerfällt, etwas zu unternehmen, um die Solidarität und den Zusammenhalt zwischen Kollegen und Nachbarn zu stärken. Viele von uns sind unorganisiert und aus diesem Grund handlungsunfähig. Wir müssen einfache Möglichkeiten der Solidarität und des Zusammenkommens, der Diskussion und gemeinsamen Erfahrung schaffen, sei es im Betrieb oder im Wohnviertel. Das sind erste Ansätze, um die Situation zu ändern und den Faschisten ihren Raum für ihre mörderische Propaganda zu nehmen.

Es geht letztlich um den Wiederaufbau einer kämpferischen Arbeiterbewegung, die wirklich die Interessen der Arbeiter vertritt und zwar unabhängig von Herkunft und Nationalität. Diese Bewegung wird all denen eine Perspektive im Kampf bieten, die mit den herrschenden Zuständen unzufrieden sind. Sie wird gleichzeitig auch Strukturen des antifaschistischen Massenselbstschutzes schaffen müssen, um die Bewegung selbst, aber auch andere Menschen aus der Arbeiterklasse vor den Gewalttaten der Faschisten schützen zu können.

Kein Tropfen Blut, keinen Cent für die Kriege der Kapitalisten!

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Wird es wieder einen großen Krieg geben? Das fragen sich heute viele Menschen. Dafür gibt es auch Grund genug: Alte Bündnisse und Allianzen brechen ein, gegenseitige Drohungen, militärische Manöver, massive Aufrüstung sind an der Tagesordnung. Es wird darüber diskutiert, die Wehrpflicht wieder einzuführen. Unzählige andere Erscheinungen deuten darauf hin, dass ein Krieg möglich ist.

Wer gegen wen Krieg führen wird, wann er ausbrechen wird und aus welchem Anlass, das kann niemand voraussehen. Aber es ist leider eine Gewissheit, dass der Kapitalismus Kriege immer wieder mit Notwendigkeit hervorbringt und dass darin immer auch die Möglichkeit eines großen Weltkriegs enthalten ist. Denn im heutigen Kapitalismus konkurrieren die großen Konzerne weltweit um Absatzmärkte, Rohstoffquellen, Investitionsmöglichkeiten und Transportwege. Die kapitalistischen Staaten kämpfen miteinander darum, für ihre Konzerne ein möglichst großes Stück vom Kuchen zu erringen. Sie schließen sich dazu in imperialistischen Bündnissen wie der EU oder NATO zusammen und geraten ständig aneinander, so wie aktuell z.B. die USA mit Russland und China. Wir müssen uns also auf neue große Kriege vorbereiten. Eine Hoffnung für die Massen des Volkes kann nur darin liegen, die Ursache der Kriege, nämlich den Kapitalismus selbst zu stürzen. Darauf müssen wir uns vorbereiten, denn von selbst wird sich dieses System nicht abschaffen.

Das wird nur möglich sein, wenn die Arbeiterklasse, d.h. die lohnabhängigen Arbeiter, eigene Kampforganisationen aufbauen, die in den verschiedenen Ländern gegen das Kapital und seinen Staat kämpfen. Nie wieder dürfen sich die Arbeiter verschiedener Länder aufeinander hetzen lassen, um sich gegenseitig für die Profite der Konzerne abzuschlachten, so wie es den Herrschenden 1914, beim Beginn des Ersten Weltkriegs, mithilfe der SPD gelang. Uns trennt nichts von den Werktätigen und Unterdrückten anderer Länder – im Gegenteil haben wir mit dem Kapitalismus unseren gemeinsamen Feind.

Kapitalismus heißt Krieg!

Der Konkurrenzkampf der verschiedenen Staaten miteinander, besonders der industriell hochentwickelten, wird durch die wiederkehrenden Wirtschaftskrisen angetrieben. Krisen gehören ebenfalls zum Kapitalismus wie die Nacht zum Tag. In der Krise wird der Kuchen kleiner, der verteilt werden kann und umso erbitterter kämpfen die verschiedenen Kapitalgruppen und imperialistischen Bündnisse gegeneinander um die Neuaufteilung. Dadurch ist die ganze Welt ein Schauplatz blutiger Konflikte geworden.

Die Widersprüche spitzen sich zu!

Die Auseinandersetzungen zwischen den imperialistischen Mächten nehmen auf allen Ebenen zu. Der Handelskrieg zwischen den USA, der EU und China ist Ausdruck davon. Die Ursachen liegen in der Entwicklung der kapitalistischen Produktion und des Handels in diesen Ländern. Riesige Handelsüberschüsse der einen gehen auf Kosten der anderen.

Die deutsche Industrie hat ein großes ökonomisches Gewicht auf dem Weltmarkt und der deutsche Staat versucht nun, auch auf politischem und militärischem Gebiet eine entsprechend große Macht aufzubauen. Die EU dient der BRD dazu als Instrument. Aber in der EU werden die gegensätzlichen Interessen der kapitalistischen Länder nicht ausgeglichen, sondern eher noch verschärft. Die EU ist also nicht im Interesse der Völker der verschiedenen Länder, sondern hetzt sie im Gegenteil noch gegeneinander auf, wie man auch in den letzten Jahren gesehen hat, wo in Deutschland die nationalistischen Töne gegen angeblich faule Südeuropäer von den Massenmedien gezielt geschürt wurden.

Deutschland will aber auch im Rahmen der NATO seine Möglichkeiten ausnutzen und beteiligt sich an der Bedrohung und Einkreisung Russlands und weitet dabei die militärischen Kapazitäten in Osteuropa massiv aus. Zugleich versucht die BRD, gegenüber Russland nicht einfach nur der Linie der USA zu folgen, sondern die Interessen der deutschen Industriekonzerne zu berücksichtigen und somit eine eigene Herangehensweise zu entwickeln.

Die USA überziehen Russland mit Sanktionen, bedrohen es mit militärischen Manövern und versuchen es mit Krieg in Syrien und anderen Ländern aus diesen Regionen zu vertreiben – allen Treffen zwischen Trump und Putin zum Trotz. Russland wiederum versucht, seinen Einfluss in der Welt zu verteidigen. Die Spannungen zwischen diesen Mächten werden immer gefährlicher.

An allen Fronten zeigen sich die Gegensätze der Imperialisten, sei es im Iran, in Syrien, in der Ukraine, in Lateinamerika oder Ostasien. Daran ändern auch zwischenzeitliche Verhandlungen, Abkommen oder Verträge nichts, sie sind nur Atempausen in diesem Ringen, um sich auf die nächste Runde vorzubereiten.

Ein friedlicher Kapitalismus ist illusorisch!

Eine „Politik des Friedens“ ist im Imperialismus nicht möglich. Hoffnungen auf eine „bessere“ Regierung im Kapitalismus, die es besser machen würde, sind trügerisch und gefährlich. Die Arbeiterklasse darf weder auf eine andere imperialistische Macht wie die EU, Russland oder China als Friedensbringer hoffen, noch auf eine politische Kraft wie die Linkspartei, die ihr einen friedlichen Kapitalismus verspricht. Solche Illusionen halten nur die Bevölkerung davon ab,sich in ihrem eigenen Interesse gegen die Kriegspolitik zu organisieren, während die Regierungen und das Kapital bereits den nächsten Krieg vorbereiten. Die Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht und die gezielte Verbreitung von Rassismus und Nationalismus durch die Systemparteien und Konzernmedien gehören dazu, genauso wie der Aufbau und selbst die Bewaffnung von faschistischen Banden wie dem NSU. Die Bundeswehr übt die Aufstandsbekämpfung, während die Polizeigesetze verschärft werden und die Geheimdienste weitere Überwachungsmöglichkeiten bekommen. All das dient dazu, den Widerstand gegen ihre Kriegspolitik im Keim ersticken oder militärisch niederschlagen zu können.

Die Arbeiterklasse in Deutschland ist schlecht auf diese Situation vorbereitet. Politisch ist sie vor allem durch die Sozialdemokratie beeinflusst. Die SPD ist schon lange Kriegspartei, während sich die Linkspartei auf direktem Weg dahin befindet: Mit ihrer Bundestagsresolution zu „70 Jahre Israel“ erklärte sie ihre Unterstützung für eine rassistische Kriegs- und Besatzungsmacht. Die Führung des DGB schließlich arbeitet eng mit der Bundeswehr zusammen. All diese Kräfte sind letzten Endes Teil der Kriegsmaschinerie.

Was ist zu tun?

Die allermeisten Menschen wollen Frieden. Aber es reicht nicht, ihn zu wollen. Wir müssen dafür kämpfen. Und weil der Kapitalismus den Krieg in sich trägt, wie die Wolke den Regen, muss der Kampf gegen den Krieg mit dem Kampf gegen den Kapitalismus verbunden sein. Wir müssen uns organisieren und die Spaltungen zwischen den Nationalitäten überwinden. Die einzige wirkliche Spaltung verläuft zwischen den vielen, die jeden Tag ackern müssen, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen und den wenigen, die von der Ausbeutung dieser Arbeit leben, um sich ein Leben im Luxus zu ermöglichen. Wir brauchen eine wirkliche Arbeiterpartei, die aus den Volksmassen heraus entsteht und wächst, den Kampf gegen dieses System anführt und konsequent für eine andere Gesellschaft kämpft, für den Sozialismus.

Eine sozialistische Gesellschaft, in der nicht mehr für den Profit der Wenigen produziert wird sondern für die Bedürfnisse aller, kann nur durch eine Revolution, nur durch den Sturz des heute herrschenden Staates erreicht werden. Eine Revolution in einem oder wenigen Ländern würde die Kriege nicht sofort beenden, aber die Ursache für Krieg, Zerstörung und Ausbeutung würde endlich an der Wurzel gepackt und letztlich beseitigt werden. Die beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert führten in vielen Ländern zu Situationen, wo die organisierte Arbeiterklasse aufstand und sich weigerte, für die Kapitalisten an der Front zu bluten.

In Deutschland war das 1918 auch der Fall. Die Novemberrevolution konnte von der Armee blutig niedergeschlagen werden, weil viele Arbeiter damals der SPD vertrauten, die sie ohne Zögern verriet. Die Arbeiterklasse hatte in Deutschland ihre eigene Partei, die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), viel zu spät während der laufenden Revolution gegründet. Dadurch war sie nicht stark genug, um die Arbeiterklasse im entscheidenden Moment an die Macht zu führen. In den Jahren danach wurde die KPD jedoch zur bestimmenden Kraft des Widerstands gegen Krieg und Faschismus. Bevor ein neuer Raubkrieg möglich war, mussten die Industriellen und Bankiers zuerst die Arbeiterbewegung und die KPD zerschlagen. Zu genau diesem Zweck brachten sie 1933 die NSDAP und Hitler an die Macht. Lernen wir aus der Geschichte. Nutzen wir die ruhige Zeit vor dem Sturm. Bereiten wir uns vor.

Der „Prager Frühling“ in der Tschechoslowakei 1968: Die verhinderte Konterrevolution

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Vor genau 50 Jahren, am 21. August 1968, überschritten Truppen von vier Staaten des Warschauer Vertrags die Grenze zur Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik (ČSSR). Dabei waren die Sowjetunion, Polen, Ungarn und Bulgarien.

Was war zuvor geschehen, sodass vier sozialistische Regierungen sich entschieden, Truppen in ein anderes sozialistisches Land zu schicken?

Für die bürgerliche antikommunistische Propaganda ist der Fall klar und sie verpasst keine Gelegenheit, die Ereignisse in der ČSSR 1968 für die allgemeine Hetze gegen den Sozialismus auszunutzen: Demnach habe eine Gruppe von kommunistischen Reformern im sogenannten „Prager Frühling“ von 1968 versucht, einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ zu erschaffen. Dadurch hätten sich die Herrschenden im „unmenschlichen“, „diktatorischen“ Sozialismus der Sowjetunion bedroht gefühlt und ihre Armee geschickt, um ihre Herrschaft zu erhalten und jedes andere „Modell“ des Sozialismus zu verhindern. Unbewaffnete Menschen hätten sich den sowjetischen Panzern entgegengestellt, um das neue Sozialismusmodell der ČSSR zu verteidigen. Es ist ein Feuerwerk der Heuchelei: Die, die ansonsten den Sozialismus in Grund und Boden verdammen, entdecken auf einmal ihre Sympathien für den „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“. Während das Massaker von Paris, bei dem am 17. Oktober 1961 die französische Polizei in unserem Nachbarland mehrere Hundert Demonstranten ermordete, weitestgehend unbekannt bleibt, sind jedes Jahr die Zeitungen voll über den „Prager Frühling“. Während die 70 Jahre andauernde Besatzung Palästinas die bürgerliche Presse nicht stört, wird der kurze Einsatz der Warschauer Pakt-Truppen zum Sinnbild für „Besatzung“ überhaupt hochstilisiert. All diesen Darstellungen ist gemein, dass sie mit Emotionen und Bildern arbeiten, nicht aber mit Fakten und Argumenten. Sie wollen nicht darüber sprechen, was 1968 in der ČSSR wirklich geschah und warum es geschah, sie wollen den Sozialismus als düstere Macht darstellen, die nur durch Waffengewalt gegen die eigene Bevölkerung aufrechterhalten werden konnte.

In dasselbe Horn blasen auch die Linkspartei und verschiedene trotzkistische Organisationen. Die antikommunistische Parteivorsitzende der „Linken“ Katja Kipping unterhält seit Langem eine Zeitschrift mit dem Namen „prager frühling“. Inhaltlich richtet sie sich vor allem gegen den real existierenden Sozialismus: „Mit prager frühling ist Stalinismus, bornierter Avantgardismus und Strickjäckchenspießertum nicht zu machen.“, heißt es im Selbstverständnis. Die Trotzkisten von der SAV und Marx21 stellen den „Prager Frühling“ ebenfalls als Aufbruch zu einem erneuerten, besseren, weil nicht „bürokratischen“ Sozialismus dar. Zwar sei dieser Aufbruch dann leider von den „russischen Panzern“ niedergewalzt worden, aber, so Marx21, „Die positive Erinnerung an die Kämpfe von 1968 und 1989 (!) ist allerdings geblieben.“ (Marx21 2018 ; Interview mit Mirek Voslon).

Auch die MLPD schätzt die Ereignisse nicht wesentlich anders ein: „Das blutig-aggressive Wesen des Sozialimperialismus wurde bei der Invasion und Besetzung der Tschechoslowakei im August 1968 aller Welt offenkundig“, schreibt der MLPD-Begründer und langjährige theoretische Autorität der Partei Willi Dickhut (Dickhut 1988, S. 245).

Die Entwicklung der Konterrevolution in der ČSSR

Die Stellungnahme von Marx21 zieht allerdings völlig zurecht die Parallele zwischen dem Jahr 1968 und dem Jahr 1989. In beiden Jahren mobilisierten in der Tschechoslowakei die antisozialistischen, prokapitalistischen Kräfte zur Machtübernahme und Zerschlagung des Sozialismus. 1989 waren sie dann mit dem erfolgreich, woran sie 1968 noch gescheitert waren.

Die Protagonisten des versuchten konterrevolutionären Umsturzes haben ihre Absichten dabei nur teilweise verheimlicht. Während sie im Allgemeinen die betrügerische Parole eines „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ vor sich hertrugen, um ihren breiten Massenanhang auf der Straße zu täuschen, sprachen sie bei anderen Gelegenheiten Klartext. Insbesondere gilt das für den stellvertretenden Ministerpräsidenten der ČSSR und gewissermaßen ökonomischen Cheftheoretiker des „Prager Frühlings“, Ota Šik: In einem Interview mit der tschechischen Zeitung „Mladá Fronta“ vom 2. August 1990 bekannte er freimütig: „Auch für manche Reformkommunisten war schon der Gedanke an die Einführung des Privateigentums eine Todsünde. Somit war auch der Dritte Weg ein Täuschungsmanöver. Schon damals war ich überzeugt, dass die einzige Lösung für uns der vollblutige kapitalistische Markt darstellt“ (zit. nach. Bilak 2006, S. 272).

Doch bereits im Oktober 1967 hatte Šik in einem Interview mit der Zeitschrift „Osteuropa“ erklärt: „Die Wiederherstellung von Marktbedingungen ist unser Ziel, und wir werden Schritte in dieser Richtung tun. (…) Wir versuchen, durch Konkurrenz (…) die Unternehmen unter größeren Marktdruck zu setzen.“. Am 10.12.1968 sagte er im Fernsehen: „Wir wollen wirkliche Unternehmer und einen freien Markt“. „Ausländische Investoren können am Profit teilhaben. Wir müssen pragmatisch denken“. Die Frage, ob er das Profitinteresse anerkenne, bejahte er (zit. n. Bading/Martini 1977, S. 32; Opperskalski 2008).

Doch Šik war nicht der einzige. Der Vorsitzende der Staatsbank der ČSSR, Eugen Löbl, referierte im Juli 1968 bei einem Vortrag in Bonn, „dass die ČSSR das marktwirtschaftliche System nie habe verlassen dürfen und dass die ‚Vergesellschaftung des Privateigentums‘ nur eine von vielen Dimensionen sei, nicht weniger etwa als die Revolution im Management oder ähnliches, und keineswegs ein nach Marx allheilendes Remedium“. Der Vorsitzende des tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes und einer der wichtigsten „Reformer“ war Professor Goldstücker. In einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk antwortete er auf die Frage nach der Rückkehr zu „gewissen Formen“ des Privateigentums an Produktionsmitteln: „Wir sind am Anfang eines großen, nicht kurzen Prozesses, und wir möchten, dass sich in diesem Prozess nicht sofort alles herauskristallisiert. Wir möchten, dass dieser Prozess an die Grenzen seiner Möglichkeiten läuft, wir möchten das Ende offen halten, so lange wie nur irgend möglich“ (alles zitiert nach Bading/Martini 1977, S. 32). Später wurde Goldstücker noch deutlicher. 1990 oder 1991 soll er bekannt haben: „Für uns waren Dubčekund seine Leute nur eine Zwischenlösung, denn direkt – ohne diesen Umweg – eine freiheitlich demokratische Grundordnung zu schaffen, schien uns zu riskant. Aber diese strebten wir an, das war von Anfang an unser Ziel“ (zitiert nach Kukuk 2008). Es bedarf wohl keiner weiteren Erklärung, dass mit der „freiheitlich demokratischen Grundordnung“ nichts anderes gemeint war als eine bürgerlich-kapitalistische „Demokratie“ nach westeuropäischem Vorbild.

Die Memoiren des slowakischen Kommunisten Vasiľ Biľak, der im Verlauf des „Reformprozesses“ dessen konterrevolutionären Charakter erkannte und sich dagegen stellte, geben Aufschluss über die Ereignisse: Im Verlauf des Jahres 1968 trauten sich die antikommunistischen Kräfte in der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei immer offener, im Namen der „Demokratisierung“ die Demontage des sozialistischen Systems zu fordern. Parlamentspräsident Josef Smrkovský forderte im Zentralkomitee, den Schutz der sozialistischen Staatsmacht gegen ihre Feinde zu beenden, indem man alle politischen Organisationen bedingungslos legalisiere. Zdeněk Mlynář, ebenfalls einer der wichtigsten Ideologen des „Prager Frühlings“, forderte, man müsse den Sozialismus vom politischen System trennen, wobei er als Vorbild die westliche bürgerliche „Demokratie“ nannte. Die „Reformer“ verbreiteten damit die illusorische Vorstellung, es könne einen „Sozialismus“ ohne die Macht der Arbeiterklasse geben (Bilak 2006, S. 54). In diese Richtung arbeitete Mlynář schon seit Jahren: Es ging darum, den sozialistischen Staat schrittweise in eine bürgerlich-westliche Demokratie umzuwandeln, die kommunistische Partei damit von der Macht zu verdrängen und die Verteidigungsfähigkeit des Sozialismus gegen die Konterrevolution zu vernichten (Kukuk 2018). Der Generalsekretär der Partei Alexander Dubčekerklärte im Mai ganz offen im Zentralkomitee, dass sein Ziel die schrittweise Zerschlagung des Staates war: „Wir können nicht zulassen, dass die politische Machtstruktur die wir haben, zerschlagen wird, bevor wir sie nicht schrittweise und durchdacht durch eine neue ersetzt haben“ (ebd., S. 85). Im Juli wurde dann im ZK der Austritt aus dem Warschauer Pakt diskutiert und dass man die NATO zur Intervention einladen würde, falls die ehemaligen Verbündeten der sozialistischen Staatengemeinschaft versuchen würden, das zu verhindern. Gegen die Kräfte in der Partei, die sich gegen diese Pläne stellten, wurden Repressionen angekündigt (ebd., S. 110). Die Medien waren weitestgehend von den antikommunistischen Kräften kontrolliert. Es kamen nur noch „Reformer“ und offene Antikommunisten zu Wort, Verteidiger des Sozialismus jedoch nicht (ebd., S. 75). Am 8. August erschien in der Zeitung Literární Listy ein Artikel, der die Politik des Warschauer Pakts mit der Hitlers vergleicht. Die Zeitung Reportér brachte einen weiteren Artikel, der offen die „Liquidierung der absoluten Macht einer bürokratischen Kaste“ forderte (ebd., S. 142). Der Rundfunk begann unterdessen, offen zum Lynchmord an den Kommunisten aufzurufen. Puppen wurden an Galgen aufgehängt, die mit den Namen von Parteifunktionären beschriftet waren, die sich gegen die Konterrevolution stellten (ebd., S. 159). Damit drohten sich die Ereignisse aus dem Jahr 1956 in Ungarn zu wiederholen, als Kommunisten und Staatsbedienstete von der Konterrevolution auf offener Straße gelyncht wurden. In einem Text einer konterrevolutionären Gruppe hieß es: „Ein Gesetz, das wir annehmen werden, muss jede kommunistische Betätigung in der Tschechoslowakei verbieten. Wir werden die Tätigkeit der KPČ (Kommunistische Partei der Tschechoslowakei) verbieten und die KPČ auflösen“ (zit.n. Opperskalski 2008).

Zu diesem Zeitpunkt hatten die konterrevolutionären Kräfte aber auch im Präsidium und dem Zentralkomitee der Partei, außerdem in der Regierung und im Parlament bereits tendenziell die Mehrheit. Im Juli war nach Einschätzung Biľaks kein einziges Staatsorgan mehr in der Lage, die Konterrevolution zu bekämpfen. Viele Kommunisten im Parteiapparat und der Parteibasis waren stark beunruhigt über die Entwicklungen, besonders im slowakischen Teil des Landes. Zahlreiche Kommunisten und parteilose Anhänger des Sozialismus, aber auch Teile der Armee und Polizei kündigten an, den bewaffneten Widerstand gegen die Konterrevolution aufzunehmen, falls dies nötig werden sollte. Im Sommer 1968 stand die Tschechoslowakei kurz vor dem Bürgerkrieg (Bilak 2006, S. 111ff). Das US State Department schätzte später ebenfalls ein: „dass es zu der sowjetischen Aktion gekommen sei, weil die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei die Kontrolle im Land verloren habe“ (zit.n. ebd., S. 214).

Die Strategie des Imperialismus gegen den Sozialismus

All das entwickelte sich nicht im luftleeren Raum. Der US-Imperialismus verfolgte seit vielen Jahren eine Strategie der Unterwanderung der sozialistischen Staatengemeinschaft, nachdem man verstanden hatte, dass eine militärische Zurückdrängung des Sozialismus vorerst nicht möglich sein würde. Ein wesentlicher Baustein dieser Strategie bestand darin, den Revisionismus in den kommunistischen Parteien aktiv zu fördern. Der reaktionäre US-Stratege Zbigniew Brzeziński stellte das so dar: „Sowohl in moralischer als auch in politischer Hinsicht sollte unsere Politik die ständige Forderung nach nationaler Selbstständigkeit mit dem Bestreben vereinen, die von der Sowjetunion unterstützten kommunistischen Regierungen auf friedlichem Wege in eine Art Sozialdemokratien westlicher Prägung umzuwandeln, die mit der sozialökonomischen Entwicklung Gesamteuropas eng verbunden wären“. Die USA sollten ihrer Meinung nach als Schritt zur Schwächung des sozialistischen Lagers zunächst politische „Diversität“ und Bestrebungen zur „Unabhängigkeit“ von der Sowjetunion fördern, um einen „neutralen Staatengürtel“ um die Sowjetunion zu schaffen. „Schließlich muss die amerikanische Politik sich komplett von dem Eindruck befreien, dass sie in Osteuropa die Wiederherstellung eines Wirtschaftssystems nach westlichem Muster befürwortet“ (Brzeziński/ Griffith 1961, S. 644).

Am 14. Juni 1968 hielt Brzeziński auf Einladung des tschechoslowakischen Außenministers Hajek (!!) einen Vortrag in Prag, bei dem er sehr offen sprach: „Unsere Meinung ist, dass heute, 20 Jahre nach dem Abschluss des Krieges, wieder politische Strukturen an die Öffentlichkeit kommen, die hier schon einmal gewesen sind. (…) Ich sage nochmals, dass wir in New York das was hier geschieht, sehr begrüßen und denken, dass es gerade aus dem Grunde gut ist, weil hier im Grunde genommen die alten Werte in neuer Form realisiert werden“ (zit. n. Opperskalski 2008). Mit den bereits dagewesenen politischen Strukturen meinte der US-Stratege offensichtlich die Rückkehr der kapitalistischen Herrschaft in der Tschechoslowakei.

Biľak zufolge wurde die konterrevolutionäre Entwicklung auch direkt aus den USA angeleitet. Er berichtet, dass sich Dubčeks Frau Ende Juli in Sorge an ihn gewandt habe, weil ihr Mann mit Konterrevolutionären zusammenarbeitete. Sie habe mitgehört, wie sich František Kriegel, einer der rechtesten Führer des „Prager Frühlings“, mit dem US-Botschafter unterhalten und von ihm Handlungsanweisungen bekommen habe. Diese habe er dann an den Parlamentspräsidenten Smrkovský weitergegeben (Bilak 2006, S. 118).Wie die Sunday Times und Washington Post im August 1968 berichteten, spielten die CIA und der westdeutsche Bundesnachrichtendienst seit dem Februar 1968 mithilfe speziell ausgebildeter Agenten eine zentrale Rolle beim Aufbau oppositioneller Gruppierungen in der Tschechoslowakei. Es sei sogar eine aus 40.000 Mitgliedern bestehende paramilitärische bewaffnete Organisation aufgebaut worden, die im ganzen Land geheime Lager mit Waffen, Ausrüstungen und Druckereien eingerichtet hatten (zit.n. Kukuk 2018). Auf diese Weise wurden die konterrevolutionären Kräfte für den Putsch und den Bürgerkrieg vorbereitet.

Ein zentrales Vehikel für diesen konterrevolutionären Umsturz sollte aus Sicht der US-Strategien die Sozialdemokratie sein. Günter Nenning, in den 1960er Jahren Sekretär der sozialdemokratischen „Sozialistischen Internationale“, schrieb damals: „Der Kommunismus hat Zukunft. Seine Zukunft heißt Sozialdemokratie“ (zit. n. Kukuk 2008). Die Umwandlung der kommunistischen Parteien in sozialdemokratische war somit erklärtes Ziel.

Der ehemalige Präsident des westdeutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz Günther Nollau erinnert sich in seinen Memoiren: „Die KPD war 1956 verboten worden. Im selben Jahr hatte der XX. Parteitag der KPdSU stattgefunden, auf dessen Geheimsitzung Chruschtschow Stalin heftig angegriffen und dadurch dessen System diskreditiert hatte. Intelligente Kommunisten diskutierten damals darüber, welcher Weg nun beschritten werden sollte. War es richtig, den orthodoxen Stalinismus beizubehalten, oder sich im kapitalistischen Bereich der reformerischen Sozialdemokratie anzuschließen?“. Im westdeutschen Geheimdienst habe man rege darüber diskutiert, „wie man diese Diskussionen anregen und für unsere Abwehrzwecke nützen könne. Wir kamen zu dem Ergebnis, eine offene Werbung für die Sozialdemokratie werde es den moskautreuen Kommunisten erleichtern, jeden neuen Gedanken mit dem Etikett ‚Sozialdemokratismus‘ zu versehen und abzulehnen. Einer kam auf die Idee, einen ‚Dritten Weg‘ zu propagieren, einen schmalen Pfad, den zu begehen die Fähigkeit erforderte, zwischen dem orthodoxen Kommunismus und der reformerischen Sozialdemokratie zu balancieren“. Der Geheimdienst gründete also eine Zeitung mit dem Titel „Dritter Weg“, der sowohl den „Stalinismus“, also die sozialistischen Länder, als auch, um keinen Verdacht zu erregen, den Kapitalismus der BRD kritisierte (Nollau 1979, S. 226f). Genau so einen „Dritten Weg“ stellte auch der sogenannte „Reformkommunismus“ oder „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ in der Tschechoslowakei dar. In Wirklichkeit war der „dritte“ Weg natürlich nie etwas anderes als der „erste“, also die Rückkehr zum Kapitalismus.

In der ČSSR bildete sich im Juni ein provisorisches „Zentralkomitee der Sozialdemokratischen Partei“. Die Sozialdemokraten forderten nun die Beteiligung an der Macht und betrieben offen Propaganda für ihre neue Partei. In den Medien wurde die Gründung der neuen Partei begrüßt (Opperskalski 2008; Bilak 2006, S. 61).

Die Haltung der sozialistischen Länder

Die anderen sozialistischen Länder machten die tschechoslowakischen Parteiführer immer wieder auf die enorme Gefahr aufmerksam, in der sich der Sozialismus in der ČSSR befand. Bei einem Gipfeltreffen im März hatten die Führer der verschiedenen Länder dieses Problem umfassend diskutiert und darauf gedrängt, Maßnahmen gegen die Konterrevolution zu ergreifen. Dasselbe wiederholte sich bei einem Besuch Dubčeksin Moskau im Mai. Die Prager Führung tat jedoch nichts dergleichen, sondern befeuerte mehrheitlich die Konterrevolution weiter. Am 15. Juli trafen sich die Sowjetunion, Polen, Ungarn, Bulgarien und die DDR in Warschau, um über die Entwicklung in der ČSSR zu beraten. Die ČSSR war eingeladen, wollte aber schon nicht mehr teilnehmen. Die anwesenden Parteiführer unterzeichneten einen gemeinsamen Brief an das ZK der KPČ, in dem sie erneut ihre tiefe Besorgnis aussprachen und eindringlich zu Gegenmaßnahmen gegen die Konterrevolution aufriefen: „Seht Ihr denn diese Gefahr nicht, Genossen? Kann man denn in dieser Situation passiv bleiben, sich nur auf Deklarationen und Versicherungen der Treue zum Sozialismus und zu den Bündnisverpflichtungen beschränken, ohne konkrete Schritte zu unternehmen? Seht Ihr denn nicht, daß Euch die Konterrevolution eine Position nach der anderen entreißt, daß die Partei die Kontrolle über den Verlauf der Ereignisse verliert und immer mehr vor dem Druck der antikommunistischen Kräfte zurückweicht?“ hieß es in dem Brief.

Man könne „nicht damit einverstanden sein, daß feindliche Kräfte Ihr Land vom Weg des Sozialismus stoßen und die Gefahr einer Lostrennung der Tschechoslowakei von der sozialistischen Gemeinschaft heraufbeschwören. Das sind nicht mehr nur Ihre Angelegenheiten. Das sind die gemeinsamen Angelegenheiten aller kommunistischen und Arbeiterparteien und aller durch Bündnis, durch Zusammenarbeit und Freundschaft vereinten Staaten“.

Und schließlich: „Nach unserer Überzeugung ist eine Situation entstanden, in welcher die Bedrohung der Grundlagen des Sozialismus in der Tschechoslowakei die gemeinsamen Lebensinteressen der übrigen sozialistischen Länder gefährdet. Die Völker unserer Länder würden uns ein gleichgültiges und sorgloses Verhalten zu einer solchen Gefahr niemals verzeihen“ (Brief der Warschauer Gipfelkonferenz an Prag vom 15. Juli 1968). Damit kündigten sie bereits an, einer Rückkehr der ČSSR zum Kapitalismus nicht einfach tatenlos zusehen zu wollen.

Auch viele einfache Kommunisten und Bürger in den benachbarten sozialistischen Ländern teilten die Sorgen ihrer Parteiführungen und Regierungen. In der DDR veröffentlichte die Zeitung Neues Deutschland am 19. Juli zahlreiche Briefe, die ihre Zustimmung zum offenen Brief der Warschauer Gipfelkonferenz bekundeten. Eine Gewerkschaftsgliederung aus Berlin schreibt z.B. „Auch uns erfüllt die gegenwärtige Entwicklung in der ČSSR mit großer Sorge, weil sie nicht nur eine Bedrohung der Grundlagen des Sozialismus in der Tschechoslowakei, sondern auch der gemeinsamen Lebensinteressen der übrigen sozialistischen Länder darstellt.“. Ein Parteisekretär einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft schrieb: „Wir haben jeden Erfolg der Werktätigen in der ČSSR als unseren eigenen Erfolg angesehen (…). Deshalb können und werden wir es nicht zulassen, daß der Imperialismus diese Errungenschaft antastet und ein Stück aus dieser Gemeinschaft herausbricht.“ (Neues Deutschland 19.7.1968).

All diese, von ehrlicher Sorge getragenen Aufforderungen wurden von der rechtsopportunistischen Mehrheit der Parteiführung ebenso in den Wind geschlagen wie die Warnungen der marxistischen Kräfte in der KPČ um Gustáv Husák, Alois Indra undVasiľ Biľak. Schließlich entschlossen sich einige der Staaten des Warschauer Vertrags zur bewaffneten Intervention – als letztes Mittel, um die Konterrevolution doch noch zu verhindern. Am 21. August überschritten die Truppen die tschechoslowakische Grenze, um die Ordnung wiederherzustellen. Die „Reformer“ verhielten sich alles andere als friedlich: Etwa 100 Bürger der ČSSR und 58 Soldaten der sozialistischen Länder kamen bei den Auseinandersetzungen ums Leben (Bilak 2006, S. 168). Allein dieses Zahlenverhältnis zeigt, dass es sich entgegen der antikommunistischen Propaganda nicht um die brutale Niederschlagung friedlicher Proteste durch die Armee handelte, sondern um Auseinandersetzungen mit bewaffneten antisozialistischen Kräften.

Die militärische Intervention beendete nicht sofort das Wirken der Konterrevolution, da sie auch nicht den Sturz der Regierung zum Ziel hatte, sondern nur die antikommunistischen Dynamiken unter Kontrolle bringen wollte. Sie gab dadurch aber den marxistischen Kräften in der KPČ den notwendigen Spielraum, um ihre Kräfte zu mobilisieren und das Land wieder auf den Kurs des Sozialismus zu bringen. Im April 1969 errangen diese dann einen wesentlichen Sieg: Der opportunistische Generalsekretär Alexander Dubček wurde von seinem Posten entfernt und durch Gustáv Husák ersetzt.

Schlussfolgerungen

Jede einigermaßen unvoreingenommene Prüfung der Fakten muss zu dem Schluss kommen, dass es sich beim sogenannten „Prager Frühling“ um eine ausgewachsene Konterrevolution handelte, die nur durch das Eingreifen der Staaten des Warschauer Pakts verhindert wurde. Aus kommunistischer Sicht war dieses Eingreifen daher alternativlos und richtig. Es war ein legitimer Akt der Selbstverteidigung gegen die antisozialistische Strategien der westlichen Imperialisten und der einheimischen Konterrevolution, aber auch ein Akt des proletarischen Internationalismus. 58 Soldaten anderer Länder bezahlten mit ihrem Leben dafür, dass die Tschechen und Slowaken weitere 20 Jahre im Sozialismus leben konnten. Die Alternative wäre gewesen, dass die ČSSR zum Kapitalismus zurückgekehrt wäre und die Errungenschaften der Arbeiterklasse weitgehend vernichtet worden wären. In das Verteidigungssystem der sozialistischen Staaten wäre eine große Bresche geschlagen worden und es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, bis die NATO in diese Bresche eingedrungen wäre – denn dass sie keinerlei Absicht hatte, irgendeines der Versprechen über „Neutralität“ der osteuropäischen Länder zu halten, kann man seit den 90er Jahren sehen. Der „Prager Frühling“ war daher vonseiten der konterrevolutionären „Reformer“ ein äußerst gefährliches Spiel, das die Spannungen zwischen NATO und Warschauer Vertrag massiv erhöht und die Welt an den Rand des Atomkriegs hätte bringen können.

Gleichzeitig waren die Ereignisse auch in mindestens zweifacher Hinsicht tragisch: Es war tragisch, dass viele Tschechoslowaken zwar irgendwie diffus für den Sozialismus waren, aber sich unter der Parole des „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ versammelten und sich somit von den prokapitalistischen Kräften vor den Karren spannen ließen, um den Sozialismus zu demontieren. Der KPČ war es nicht gelungen, diese Menschen dauerhaft für das real existierende sozialistische System zu gewinnen, sodass reale gesellschaftliche Probleme schnell zum Anlass wurden, dem ganzen System den Rücken zu kehren. Der „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ war jedoch im Kern immer eine antikommunistische Parole gewesen, weil er auf einem massiv verzerrten und von bürgerlicher Propaganda durchsetzten Bild des existierenden Sozialismus ausging – dieser wurde ja implizit damit als „unmenschlich“ diffamiert, was weder der komplexen Realität des sozialistischen Aufbaus ansatzweise gerecht wurde, noch eine irgendwie konstruktive Kritik an Fehlern und Mängeln des sozialistischen Systems war. Der genauere Blick auf das Konzept dieses „Sozialismus“ anhand der Äußerungen seiner Vertreter enthüllt dann auch, worum es dabei eigentlich ging: Maximal um einen sozialstaatlich regulierten Kapitalismus, ohne Macht der Arbeiterklasse und Führung durch die kommunistische Partei.

Viele der Demonstranten glaubten sicherlich trotzdem, für einen besseren Sozialismus zu kämpfen, während die maßgeblichen Kräfte die Weichen längst in eine ganz andere Richtung stellten – einige von ihnen bezahlten ihre Illusionen mit dem Leben. Viele von ihnen verstanden gar nicht, weshalb die Verbündeten intervenieren mussten, wie zahlreiche Episoden über wütende Diskussionen zwischen Soldaten und Bürgern belegen.

Zweitens liegt die Tragik des Jahres 1968 aber auch darin, dass zwar durch das militärische Eingreifen der Sozialismus vorerst gerettet werden konnte, aber die gewonnene Zeit nicht genutzt wurde, die vorhandenen Probleme zu lösen. Insbesondere wurde der Revisionismus, das Eindringen bürgerlicher Ideologie in die kommunistischen Parteien, nur in seinen offensten Erscheinungsformen bekämpft, nicht jedoch grundlegend. Die Verbreitung revisionistischer Auffassungen in den kommunistischen Parteien nach dem Zweiten Weltkrieg und besonders seit dem 20. Parteitag der KP der Sowjetunion 1956 hatte die Konterrevolution in der ČSSR ideologisch erst vorbereitet. Dieser Prozess wurde 1968 aber nicht gestoppt, sondern nur in einem Land zurückgeworfen. Vorstellungen, die dem „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ ähnelten, wurden in Teilen der kommunistischen Parteien weiterhin vertreten. Deshalb waren die Entwicklungen in der ČSSR 1968 eine ziemlich exakte Blaupause für das, was zwei Jahrzehnte später in der Sowjetunion und anderswo passieren würde. Auch dort traten die prokapitalistischen Kräfte zunächst unter der Parole einer „Erneuerung“ des Sozialismus, gar einer „Rückkehr zu Lenin“ auf. Gemeint war damit aber nie eine Vertiefung des sozialistischen Charakters der Produktionsverhältnisse, sondern ihre Unterminierung und schließlich Aufhebung.

Schließlich war die Diskussion um die Intervention in die ČSSR auch ein Prüfstein für alle kommunistischen Parteien. Diejenigen unter ihnen, in denen rechtsopportunistische Positionen schon am stärksten Fuß gefasst hatten, verurteilten die Intervention. Das ist nachvollziehbar, schließlich richtete sie sich gegen die Folgen der Sozialdemokratisierung der kommunistischen Parteien, von der sie selbst auch erfasst waren. Das galt vor allem für die KPen Italiens und Frankreichs. Die KP Chinas und die Partei der Arbeit Albaniens, die Anfang der 60er mit der Sowjetunion gebrochen hatten und ihre Führung als revisionistisch ansahen, verhielten sich allerdings nicht besser. Albanien nutzte die Intervention aus, um endgültig aus dem Warschauer Vertrag auszutreten und rief allen Ernstes die Bevölkerung zum bewaffneten Widerstand auf. Die KP Chinas nannte die Niederschlagung der Konterrevolution einen „schamlosen Akt“ und stellte die Sowjetunion auf eine Stufe mit den USA (Spiegel 26.8.1968). Beide Parteien zeigten damit, dass die Stoßrichtung ihrer Kritik am Opportunismus der Sowjetführung selbst opportunistisch war und dem Imperialismus in die Hände spielte. Sie gingen damals, ebenso wie heute die MLPD und andere Gruppen, von der unwissenschaftlichen und nichtmarxistischen Auffassung aus, in der Sowjetunion und den sozialistischen Ländern Osteuropas sei der Kapitalismus als „Staatskapitalismus“ bereits wiederhergestellt worden. Somit konnten sie den konterrevolutionären Charakter der Entwicklungen in der ČSSR gar nicht mehr erkennen, da es aus ihrer Sicht dort gar keinen Sozialismus mehr gab, den man hätte verteidigen können. Mit der Realität hatten solche Vorstellungen jedoch nie viel zu tun.

Aufgabe der Kommunisten ist es heute, der bürgerlichen und opportunistischen Geschichtsfälschung in Bezug auf den sogenannten „Prager Frühling“ entgegenzutreten und auf die historische Wahrheit zu pochen: 1968 stand in der ČSSR ein großer Sieg der Konterrevolution und des westlichen Imperialismus unmittelbar bevor und nur das Eingreifen der sozialistischen Länder hat ihn verhindert – mit allen katastrophalen Folgen, die er für die tschechoslowakische und europäische Arbeiterklasse gehabt hätte.

Literatur:

„40 Jahre ‚Prager Frühling‘“, Interview mit Mirek Voslon, online: https://www.sozialismus.info/2008/04/12602/

Bading, Lothar / Martini, Klaus 1977: Angriffsziel Sozialismus. 2. Folge: Der demokratische Sozialismus und die ČSSR, Rote Blätter 7. Jg., Nr. 5, Mai 1977.

Bilak, Vasil 2006: Wir riefen Moskau zu Hilfe. Der „Prager Frühling“ aus der Sicht eines Beteiligten, Das Neue Berlin.

Brief der Warschauer Gipfelkonferenz an Prag vom 15. Juli 1968, online: https://www.herder-institut.de/no_cache/bestaende-digitale-angebote/e-publikationen/dokumente-und-materialien/themenmodule/quelle/1363/details.html

Brzezinski, Zbigniew/ Griffith, William E. 1961: Peaceful Engagement in Eastern Europe, Foreign Affairs, Vol. 39., No. 4, S. 642-654

Dickhut, Willi 1988: Die Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion, Neuer Weg Verlag und Druck GmbH Düsseldorf

Kukuk, Klaus 2008: Demokratisierung oder Konterrevolution? „Prager Frühling“: Hintergründe, Zusammenhänge, Langzeitwirkungen, online: http://www.dkp-online.de/uz/4034/s1501.htm ; http://www.dkp-online.de/uz/4035/s1501.htm

Kukuk, Klaus 2018: Keine angenehme Wahl, junge Welt vom 20.8.2018

Marx21 2018: Aufbruch 1968. Der Prager Frühling, online: https://www.marx21.de/aufbruch-1968-der-prager-fruehling/ ;

„Neues Deutschland“ vom 19.7.1968

Nollau, Günter 1979: Das Amt. 50 Jahre Zeuge der Geschichte, Wilhel m Goldmann Verlag, München.

Opperskalski, Michael 2008: ČSSR 1968 – kein „Prager Frühling“, sondern konterrevolutionärer Winter, Offen-siv 09/08.

„Tschechoslowakei/Sowjeteinmarsch“, Spiegel 26.8.1968, online: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45954078.html